Hochfrequente Töne Diese Klingeltöne können nur Teenager hören
Die Getränkemarke Fanta setzt in einer aktuellen Kampagne auf Handy-Software. Die soll der jugendlichen Zielgruppe gratis zum Download angeboten werden. Für die Werbeaktion hat der Organgenbrause-Ableger des Cola-Konzerns zwei Anwendungen produzieren lassen: Zum einen das Spiel "Virtual Tennis", bei dem per Bluetooth miteinander verbundene Handys als "Schläger" auf einem virtuellen Platz fungieren. Dabei werden die Bewegungen der Spieler dreidimensional auf den Pixel-Court übertragen, das Resultat wird auf den Telefonbildschirmen angezeigt.
Neben "Virtual Tennis" wirkt das Programm "Stealth Sound System" zunächst unspektakulär. Die von der Werbeagentur Ogilvy entwickelte Anwendung verspricht Teenagern ein geheimes Kommunikationssystem. Es basiert auf Klangschnipseln von Sirenen, Wolfsgeheul oder gesprochenen Phrasen wie "cool" oder "let's get out of here".
Die Samples sind allerdings auf einen Frequenzbereich reduziert, den in der Regel nur jugendliche Ohren wahrnehmen können - mit dem Alter lässt nämlich das Gehör nach, ein Prozess der schon bei 20-Jährigen einsetzt.
Mit Fantas "Stealth Sound System" wird die Geschichte der hochfrequenten Teenager-Beschallung fortgeschrieben, die vor zwei Jahren in Großbritannien ihren Anfang nahm. 2006 konstruierte der Tüftler Howard Stapleton ein Gerät, das Töne von 16 bis 19 Kilohertz erzeugt und "Mosquito" getauft wurde. Stapleton wollte damit aber nicht die geheime Verständigung unter Jugendlichen fördern. Sein Anliegen war vielmehr, Teenager vom Herumlungern vor seinem Geschäft abzuhalten.
Und da die Mosquito-Box diese Aufgabe recht zuverlässig erledigt, konnte Stapletons Firma Compound Security allein in Großbritannien mehrere Tausend Stück absetzen. Aber renitente Jugendliche und verärgerte Erwachsene sind natürlich globale Phänomene, weshalb der Mosquito 2007 auch in weiteren Ländern erfolgreich vermarktet werden konnte. In den USA und in Deutschland stieß die Hochfrequenz-Keule allerdings nicht nur auf begeisterte Käufer, sondern auch auf harsche Kritik: weil die technische Regulierung sozialer Konflikte teilweise grundsätzlich abgelehnt wird, aber vor allem weil Schädigungen des Hörvermögens nicht ausgeschlossen werden können.
Fanta ist nicht das erste Unternehmen, das hochfrequente Töne nicht gegen die jugendliche Alleinhörerschaft einsetzt. Zunächst vermarktete Erfinder Howard Stapleton selbst erfolgreich einen Mosquito-Klingelton. Und vergangenes Jahr nutzte Sony Pictures einen ähnlichen, hochfrequenten Klang als Promotion-Tool für den Film "The Messenger". Der entsprechende Slogan wendete den negativen Effekt jugendlicher Hellhörigkeit ins Positive: "Es gibt Dinge, die nur Kinder sehen und hören."
Aber auch der Einsatz der Mosquito-Box gegen herumlungernde Jugendliche könnte sich auf Dauer als Boomerang erweisen. Denn auch erwachsene Hörgänge sind nicht vor psychoakustischen Attacken gefeit. Jugendliche Mosquito-Opfer könnten beispielsweise zum Taschengeld-freundlichen Preis von 29,99 Dollar die Klangstinkbombe "Sonic Nausea" kaufen. Das gemeine, kleine Gerät wird heimlich in den Räumen des "Gegners" plaziert, wo die erzeugten Töne Übelkeit und Schwindel erzeugen, und zwar bei Jung und Alt gleichermaßen.