IPhone-Preisrutsch Erboste Fans erklären Apple den iWar

Die Hardcore-Fans, die sich als Erste ein iPhone besorgt haben, sind wütend. Nach nur 68 Tagen hat Apple den Preis ihres neuen Lieblingsgadgets um 200 Dollar gesenkt - das sind 33 Prozent. In Foren und Blogs kocht die Wut, ehemalige Apple-Jünger publizieren Boykottaufrufe und fordern ihr Geld zurück.

Einen "Tritt in die Zähne all der armen Dummköpfe (wie ich!), die vor 67 Tagen oder weniger eines für 600 Dollar gekauft haben", nennt der US-Blogger Josh Bancroft die Entscheidung von Apple, den Preis des iPhones mit acht Gigabyte Speicherkapazität um 200 Dollar zu senken. Mac-Blogger "Dr. Macenstein" schreibt , er sei "wirklich stocksauer". Und ein erboster Apple-Fan schreibt im Forum der Seite "Macrumors": "Ich fühle mich wie eine 200-Dollar-Nutte."

Apples Fans sind mehr als eine Zielgruppe. Die Geräte aus Cupertino werden vom inneren Kreis der Jünger wie Reliquien verehrt, Gerüchte über kommende Produkte werden gehandelt wie Heilsversprechen, Steve Jobs ist der Hohepriester der Bewegung, der im schwarzen Rolli von der Pressekonferenz-Kanzel aus neue Segnungen verkündet.

Nur vor diesem Hintergrund ist die abgrundtiefe Enttäuschung zu verstehen, die sich nun im Netz Bahn bricht: Warum hat er uns verlassen, fragen sich Jobs Jünger, warum bestraft er ausgerechnet seine loyalsten Anhänger, diejenigen, die sich gleich beim Start in langen Schlangen aufreihten, um am ersten Tag ein überteuertes iPhone zu erstehen?

Die Enttäuschten sammeln sich an ihren üblichen digitalen Treffpunkten. In den iPhone-Foren auf Apples eigenen Seiten etwa gibt es eine regelrechte Bewegung, die Kompensation einfordert. Für "Mattyj980" ist die Sache klar: "Apple sollte seinen iPhone-Kunden ohne Zweifel einen Gutschein über 200 Dollar ausstellen."

"Schwachsinniger Schachzug, Steve"

Andere sind noch dabei, ihre Wut in Worte zu fassen: "Ich habe mich darauf verlassen, dass gerade Apple sich dem harten Kern seiner Kunden gegenüber loyal verhalten würde … denjenigen gegenüber die DAUERND neue Apple-Produkte kaufen. Wohin hat uns diese Loyalität gebracht?", fragt "Kprotzik", und "kkinla" sekundiert mit einem knappen "schwachsinniger Schachzug, Steve".

Ein anderer schreibt, er fühle sich, als habe er an einem Betatest teilgenommen - und dafür auch noch bezahlt. Im "Macrumors"-Forum  will jemand einen "Ich bin verdammt angekotzt von meinem iPhone-Deal"-Club gründen. Und ein Teilnehmer rechnete aus, dass Apple eine "early-adopter-Steuer" von etwa drei Dollar pro Tag erhebt.

Ein Nutzer mit dem Foren-Namen "aloserfish" findet die plötzliche Preissenkung "unglaublich unehrlich" und droht mit Abwanderung: "Wenn Apple nichts unternimmt, haben sie eben einen Kunden verloren." Damit fasst er die Stimmung vieler zusammen: Der Tenor "dann seht doch wo ihr bleibt" zieht sich durch viele Postings und Blog-Einträge.

"Nichts als Bauernfängerei"

Manche rechnen mit juristischen Folgen: "Ich vermute, aus dieser Sache wird sich eine Sammelklage entwickeln und ein paar geschickte Anwälte werden einen Haufen Geld verdienen, und wenn wir early adopter Glück haben, bekommen wir in ferner Zukunft irgendeine Gutschrift für einen Apple Store oder iTunes", vermutet Forumsteilnehmer Mike Lawson.

Besonders deutlich - und besonders ätzend im Tonfall  - ist wie gewohnt die Tech-Seite "The Register": "Jobs hat soeben jeden beleidigt, der in den vergangenen 68 Tagen ein iPhone gekauft hat. Er hat Monate damit verbracht, einer Million Seelen zu erzählen, dass sie fast 600 Dollar für eine neue Benutzeroberfläche ausgeben sollen und jetzt hat er zugegeben, dass das Ganze nichts als Bauernfängerei war."

Bei "CNet" versucht  Blogger Declan McCullagh dagegen die Wogen zu glätten: "Apple hat mein iPhone nur ein paar Monate früher ein paar hundert Dollar weniger wert werden lassen." Früher oder später, gibt McCullagh zu bedenken, wäre der Preis ohnehin gesenkt worden. Andere sind bereits dazu übergegangen, die erbosten Frühkäufer genüsslich zu verhöhnen. "Ihr habt euch selbst in die Eier getreten", ätzt einer bei "Macrumors", "und jetzt wollt ihr nicht die Verantwortung dafür übernehmen".

"Tja, das passiert eben mit Technologie"

Wer sein iPhone in den letzten 14 Tagen gekauft hat, kann es noch zurückgeben - muss aber laut Apples US-Vertragsbedingungen  50 Dollar fürs Wiedereinpacken des zurückgegebenen Produktes bezahlen, wenn er es schon benutzt hat. "Herrgottnochmal, mein iPhone ist erst vier Tage alt!", schreibt Foren-Nutzer "Tuburan", "ich werde es zurückbringen und die 49,90 Dollar Gebühr bezahlen und mir das 8GB-Modell für 399 Dollar kaufen". Auf diese Weise kann er immerhin 150 Dollar einsparen - Pech für all jene, bei denen der Kauf 15 Tage oder mehr zurückliegt. Anderswo rät ein Blogger  Kreditkartenbesitzern, sie sollten prüfen, ob ihr Kartenvertrag eine "Preisschutzgarantie" enthalte - dann würde die Differenz zum neuen Preis erstattet, wenn der Kauf nicht länger als 60 Tage zurückliege. Den echten Frühkäufern wird aber auch das nichts nutzen, selbst wenn sie mit Kreditkarte bezahlt haben sollten - denn sie haben vor mehr als 60 Tagen zugeschlagen.

Apple selbst jedenfalls hat aller Spekulation zum Trotz offenbar nicht die Absicht, seine Hardcore-Kundschaft mit Geldgeschenken oder Gutscheinen milde zu stimmen. Steve Jobs hat anscheinend wenig Mitgefühl für seine treuesten Fans übrig. Die Zeitung "USA Today" fragte  den Firmenchef, was er denn Kunden sage, die eben ein iPhone für 599 Dollar erworben hätten, "sorry?". Jobs Antwort: "Das ist eben Technologie. Wenn sie es heute morgen gekauft haben, solllten sie dorthin zurückgehen, wo sie es gekauft haben und mit den Leuten dort reden. Wenn sie es vor einem Monat gekauft haben, tja, das passiert eben mit Technologie."

Nachtrag: Inzwischen hat Apple auf die Proteste mit einer Gutscheinaktion reagiert.

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