Japan Literaturpreis für Handyromane
Schon seit geraumer Zeit und weltweit gibt es Versuche, Literatur auf Mobiltelefone zu bringen. Bislang ist es jedoch in wenigen Ländern gelungen, aus der Distributionsform für die ganz kleinen Bildschirme wirklich ein florierendes Genre zu machen.
Auch der mit einer Million Yen (circa 5500 Euro) eher mager dotierte Literaturpreis für Handy-Romane, der am Wochenende in Tokyo vergeben wurde, erscheint im Vergleich mit zu etablierten Auszeichnungen eher wie ein Trostpreis - aber aus über 2.000 Einreichungen für den ersten Preis ausgewählt zu werden, führt auch in Japan zu einer Buchveröffentlichung.
Sex und Drama in der U-Bahn
Der Preis ging an eine Autorin, die unter dem Pseudonym Towa veröffentlicht und mit "Kurianesu" eine für Japan typische Geschichte über die Liebe zwischen einer Schulmädchen-Prostituierten und einem Gigolo schrieb. Die Tradition der "Mobile Phone Novels" ist in Japan schon immer mit der der Mangas verbunden. Nicht zuletzt weil sie sich ihre beliebteste Lesestube teilen: die U-Bahn.
Schon im Jahr 2000 machte sich mit "Deep Love, Ayu No Monogatari" einer der ersten wirklichen Handy-Roman Bestseller auf den Weg zum Pophänomen. Der Autor des Romans über eine Prostituierte im Teenageralter verteilte damals als Werbung für seinen Roman in Shibuya Visitenkarten an Schulmädchen und machte seine selbstkreierte Webseite, über die er den Roman vertrieb, immens populär. So dass später aus dem Buch nicht nur ein Manga wurde, sondern auch eine Fernsehserie.
Wie für Handy-Romane typisch, wurde auch "Deep Love", wie jetzt auch "Kurianesu", mit Unterstützung der Leser geschrieben, die nach jeder via SMS oder E-Mail veröffentlichten Episode ihre Kommentare abgeben, und so den Lauf der Geschichte beeinflussen. Somit ist der interaktive Roman, dem während des ersten Internets-Booms eine blühende Zukunft prophezeit wurde, wenigstens in Japan längst Realität.
Mobile Medienhäuser
Schon vor einiger Zeit stiegen auch größere Verlage in Japan in das Geschäft mit Handy-Romanen ein, für das in den nächsten Jahren immerhin ein Umsatzvolumen von 100 Millionen Dollar prognostiziert wird. Und auch in China sind Handy-Romane bereits seit Jahren ein aufstrebender Markt, der immer mehr Querverbindungen der Mobilfunkindustrie zu klassischen Verlagen und anderen Entertainment-Sektoren schafft.
Mittlerweile sind einige der Autoren auch schon dazu übergegangen, mindestens Teile ihrer Handy-Romane auch auf dem Handy zu schreiben. Towa erklärte allerdings auf der Pressekonferenz des "Mobile Phone Novel Awards", dass dann nach einiger Zeit die Daumen zu schmerzen beginnen.
Sascha Koesch / Fee Magdanz / Robert Stadler