T-Mobile G1 Showdown für das Google-Handy
Ist das wirklich das groß angekündigte Google-Handy oder nur die Kopie eines bereits bekannten Mobiltelefons? Das Aussehen des neuen Touchscreen-Handys erinnert zu vier Fünfteln an Apples iPhone. Wäre da nicht die wie angeheftet wirkende Schalterleiste am unteren Rand des Geräts, könnte man glauben, man habe eine exakte Kopie des iPhone vor sich. Aber eben das macht bei dem nun offiziell als T-Mobile G1 bezeichneten Gerät den Unterschied aus. Denn anders als Apple verlassen sich die Partner Google, T-Mobile USA und HTC nicht gänzlich auf die Fingerfertigkeit ihrer Kunden, sondern bieten Alternativen zur reinen Tasterei auf dem Bildschirm an.
Unter dem Bildschirm verbirgt sich eine kleine, aber mit sämtlichen Zeichen des Alphabets versehene Mini-Tastatur. Schiebt man sie unter dem Display hervor, dreht sich dessen Inhalt automatisch ins Querformat, und der Nutzer kann komfortabel Texte, E-Mails und SMS-Nachrichten schreiben. Zudem ist unterhalb des Bildschirms ein Trackball angebracht, wie man ihn von Blackberrys kennt. Es wurden also alle modernen Varianten der Handybedienung vereint. Das ist nichts Neues, damit war gerechnet worden.
Eine Überraschung ist jedoch, dass T-Mobile das Gerät nicht nur in Schwarz und Weiß anbieten wird, sondern zusätzlich eine braune Variante im Angebot hat. Das könnte man als Verbeugung gegenüber Microsoft verstehen, das seinen MP3-Player Zune ebenfalls zunächst in Braun veröffentlichte. Pragmatisch könnte man aber auch einfach bedenken, dass Braun sich zur Trendfarbe mausert. Sogar Porsche hat den Farbton der Siebziger für sich entdeckt - wenngleich mit Metallic-Schimmer veredelt.
Googlemail, YouTube und Google Maps integriert
Keine Überraschung ist dagegen die Integration etlicher Google-Angebote in das Betriebsystem. Mit einem Fingerklick soll der Nutzer Zugriff auf eine kontextsensitive Suchfunktion erhalten. Dass außerdem Googlemail, YouTube und Google Maps enthalten sind, wundert wohl niemanden, schließlich haben das auch schon andere Hersteller getan.
Beim G1 geht die Integration allerdings einen entscheidenden Schritt weiter. Denn der integrierte Kompass des Handys richtet Straßenkarten und Satellitenbilder passend zur Ausrichtung des Handys aus. Überraschend ist die Option, Googles Streetview zu nutzen, um sich am Bildschirm Fotos der Straße anzusehen, durch die man gerade geht.
Beim Android-Browser allerdings orientiert sich das G1 durchaus am iPhone. Ganz ähnlich wie man beim Apple-Handy Web-Seiten mit Fingergesten vergrößern und verkleinern kann, gibt es auch hier mit dem Finger zu steuernde Zoomfunktion.
Dem iPhone absolut ebenbürtig ist die Netzanbindung. Neben dem EDGE-Standard, den man schon vom ersten iPhone kennt, kann sich das G1 wie das iPhone 3G auch per HSDPA an schnelle 3G-Datennetze anschließen. Hinzu kommt ein Quadband-GSM-Modul, das sicherstellt, dass man in jedem Land der Welt mobil telefonieren kann.
Mobile Breitbandformate
Universal Mobile Telecommunications System - wird oft als Mobilfunkstandard der dritten Generation (3G) bezeichnet, da er deutlich höhere Datenübertragungsraten als sein Vorgänger GSM ermöglicht. Deutsche UMTS-Netze schaffen üblicherweise eine Bandbreite von 384 Kbit/s für die Datenübertragung vom Mobilfunkmast zum Endgerät. Reguläre DSL-Anschlüsse bieten heute üblicherweise 1024 Kbit/s. (mehr ...)
High Speed Downlink Packet Access - setzt auf UMTS auf, erzielt aber deutlich höhere Übertragungsraten bei der Übertragung vom Mobilfunkmast zum Endgerät. Die praktisch erreichbare Datenrate liegt zurzeit bei 1,4 Mbit/s. Durch technologische Verbesserungen soll sie allmählich auf 5,1 Mbit/s steigen. (mehr ...)
General Packet Radio Service - dieser Standard zerlegt Daten beim Sender in einzelne Pakete, überträgt sie gestückelt und setzt sie beim Empfänger wieder zusammen. Durch Bündelung mehrerer Übertragungskanäle ist theoretisch eine Übertragungsrate von bis zu 171,2 Kbit/s möglich. Im praktischen Betrieb sind es meist 55,6 Kbit/s - so langsam waren Modems in den Zeiten vor DSL. (mehr ...)
Enhanced Data Rates for GSM Evolution - Technik zur Erhöhung der Übertragungsrate von Daten in GSM-Mobilfunknetzen. Durch effizientere Modulationsverfahren sollen in der Summe bis zu 384 Kbit/s erreicht werden - das ist UMTS-Geschwindigkeit. Edge wurde bisher in 75 Ländern eingeführt. (mehr ...)
Die WiMax-Technologie umfasst mehrere Standards zu Datenübertragung auf verschiedenen Funkfrequenzen. Manche WiMax-Standards brauchen eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger, bei anderen können die Signale auch Mauern durchdringen. Bei Tests soll WiMax schon Datentransferraten von mehr als hundert Mbit/s erreicht haben. Hermann Lipfert, Experte für Drahtlosnetze beim Münchner Institut für Rundfunktechnik (IRT), schätzt, dass in einer regulären WiMax-Funkzelle Tranferraten von 50 Mbit/s realistisch sind - unter idealen Bedingungen und bei Anwendung aller derzeit zur Verfügung stehenden technischen Tricks. Diese Bandbreite müssten sich dann wie bei UMTS alle Nutzer teilen, die in der jeweiligen Funkzelle online sind. (mehr ...)
Der DVB-T-Standard regelt die Verbreitung digitaler Fernsehsignale per Funk. Der DVB-Standard ist zwar auch dafür ausgelegt, Internetinhalte zu übertragen - in den Frequenzbereich eines einzigen analogen Fernsehkanals (etwa sieben MHz) passen aber gerade mal 13 Mbit pro Sekunde hinein. Wenn an einer einzigen Sendestation also 20 Nutzer hängen, die gleichzeitig etwa einen Dateidownload versuchen, wird es schon eng - die Datenrate für jeden Nutzer läge unter einem Mbit/s, also niedriger als die der günstigsten DSL-Verbindungen, die derzeit im Angebot sind. "Die größte Gefahr für diese Technik ist, von der Gegenwart überholt zu werden", sagt Sven Hansen von der Computerzeitschrift "c't". Überträgt man die Inhalte über DVB, geht das auch nur in eine Richtung - wie beim Fernsehen eben. Der Rückkanal muss dann auf anderem Wege hergestellt werden, etwa über eine herkömmliche Telefonleitung. Mausklicks im Browser gingen bei dieser Methode über die Telefonleitung zum Provider, die angeforderten Seiten würden dann von der DVB-Sendestation zurück zum Empfänger gefunkt. Das ist umständlich - und langsam. (mehr ...)
Long Term Evolution ist der Name, den eine Reihe von Mobilfunkunternehmen einem weiteren Standard der vierten Mobilfunkgeneration gegeben haben. LTE ist im Grunde eine Weiterentwicklung von UMTS - braucht aber gänzlich neue Hardware, einschließlich neuer Sendestationen. LTE konkurriert mit dem WiMax-Standard um die Marktführerschaft im mobilen Internet der Zukunft - zwischen den beiden Standards wird möglicherweise ein neuer Formatkrieg ausbrechen. LTE ist nach Einschätzung von Experten gegenüber WiMax allerdings etwa zwei Jahre im Rückstand, was die technologische Entwicklung angeht. (mehr ...)
Googles Äquivalent zum App Store auf dem iPhone nennt sich Android Market. Über diesen Online-Shop sollen sich G1-Anwender künftig mit Software verschiedener Couleur versorgen können. Zum Start werden dort aber offenbar nur wenige Applikationen angeboten. Als kleinen Anreiz lockt Google allerdings damit, dass sich Neukunden 90 Tage lang kostenlos aus dem Angebot des Shops bedienen dürfen. Eine solche Aktion stünde auch Apple gut zu Gesicht. Von beginn an dabei sind folgende Software-Ergänzungen:
- ShopSavvy: ein Programm für Preisvergleiche beim Online-Shopping
- Ecorio: Eine Software, die über die täglichen Wege des G1-Anwenders Buch führt und daraus eine CO2-Bilanz errechnet
- BreadCrumbz: Eine Art Geotagging-Software, mit der man Positionsdaten, Routen und Fotos verknüpfen und veröffentlichen kann
- Amazon MP3 Store: Der Musikshop des Online-Versandhauses soll zumindest via W-Lan, nicht aber per Mobilnetz erreichbar sein.
Für Musikliebhaber hat das G1 einiges zu bieten. Neben MP3 soll es auch AMR, WMA, MIDI, WAV und Ogg Vorbis abspielen können. Sogar Musikdateien mit der Endung M4A, wie man sie in Apple iTunes Store bekommt, sind abspielbar - allerdings nur dann, wenn sie ohne Kopierschutz gespeichert sind, wovon Kaufmusik in Apple iTunes-Plus-Angeboten betroffen sind.
Dass das Google-Handy überdies eine 3-Megapixel-Kamera enthält, ist nur eine Randnotiz wert, da derartige Knipsen bestenfalls für Schnappschüsse taugen. Erwähnenswert ist dagegen die herstellerseitige Integration von gleich vier Chat-Anbietern: GoogleTalk, AOL, Windows Live und Yahoo. So ausgestattet kann man unterwegs gut und gern auf SMS verzichten und sich per Chat mit Freunden und Kollegen austauschen.
Das dürfte unterm Strich billiger sein, da Chats über die Datenflatrate abgewickelt werden, die T-Mobile an das G1 bindet. Und ohne die bekommt man das Handy gar nicht erst. Zur Wahl stehen in den USA zwei Varianten, die mit 25 beziehungsweise 35 Dollar zu Buche schlagen, jeweils unbegrenztes Datenvolumen enthalten, aber eine unterschiedliche Menge kostenloser Textmitteilungen beinhalten. Zusätzlich muss man freilich einen normalen Mobilfunkvertrag für Telefonate abschließen, so dass insgesamt etwa 70 Dollar zusammenkommen.
Das Gerät selbst wird in den USA für 179 Dollar angeboten - inklusive Zweijahresvertrag versteht sich. Das allerdings, Pessimisten hatten es befürchtet, erst ab Oktober. T-Mobile-Kunden können das G1 ab sofort online vorbestellen, erste Lieferungen verspricht T-Mobile für den 22. Oktober. In Großbritannien soll das Google-Handy ab November eingeführt werden. Auch dort werden Vorbestellungen bereits entgegengenommen.
Den Rest Europas, darunter auch Deutschland, will T-Mobile allerdings noch ein wenig zappeln lassen. Für Deutschland, Österreich, die Niederlande und Tschechien nennt das Unternehmen nur nebulös das erste Quartal 2009 als Lieferbeginn. Damit dürfte klar sein, dass T-Mobile zumindest auf dem alten Kontinent das lukrative Weihnachtsgeschäft verpassen wird. Dass zwischenzeitlich andere Unternehmen T-Mobile die Kunden mit ähnlich attraktiven Geräten ausspannen werden, ist allerdings unwahrscheinlich. Der nächste Schub Google-Handys wird erst nach der Jahreswende erwartet.