
Chaos Communication Congress Bye, bye Hacker-Heimat - aber vielleicht nicht für immer

Sprecher Garbsch vor einem Teil des sogenannten Tunnels
Foto: SPIEGEL ONLINE
Fast jeder Neuling verläuft sich, wenn er zwischen den Jahren den Chaos Communication Congress besucht, Deutschlands wichtigstes Hackertreffen. An vielen Ecken blinkt und leuchtet es im Hamburger Kongresszentrum CCH, Kabelstränge ziehen sich wie Adern durch die Räume. Es gibt Gänge, die nur Insider kennen, dekorierte Aufzüge und Rolltreppen.
Wo auch immer man letztlich landet, langweilig ist es dort nie. Und obwohl das CCH in seinem Digital-Remix stellenweise verwirrend unübersichtlich wirkt, ist es für viele Hacker längst so etwas wie ihre Heimat geworden, zumindest zwischen den Jahren.
Seit 2012 findet die Jahreskonferenz des Chaos Computer Clubs (CCC), die aktuelle heißt 33C3, nun im CCH statt. Mit dem CCC und dem CCH haben sich zwei gefunden, bei denen Event und Location gut zusammenpassen - auch wenn die Nachfrage nach Kongresstickets mittlerweile höher ist als das Platzangebot.
"Es ist einfach ein cooles Gebäude", sagt CCC-Sprecher Falk Garbsch. "Nach ein paar Jahren fühlt man sich wirklich zu Hause und kennt dann auch die Gänge hintenrum, hinter den Bühnen." Manchmal wolle er auf dem Kongress nur kurz ein Wasser holen, sagt Garbsch - um dann fünf Stunden später ohne Wasser zurückzukommen: "Weil man Leute trifft, falsch abbiegt, wieder Leute trifft."
Sprecher Garbsch vor einem Teil des sogenannten Tunnels
Foto: SPIEGEL ONLINESchade, aber zu verstehen
Mindestens in den kommenden zwei Jahren wird die CCC-Jahreskonferenz nun aber außerhalb des CCH stattfinden. Wo genau, ist noch unklar. Der Hamburger Veranstaltungsort wird bis 2019 umgebaut, "revitalisiert". Eine Entscheidung, die die meisten Hacker schade finden, aber verstehen.
"Ich sehe, warum die Messe ein großes Problem mit dem Gebäude hat", sagt Garbsch. "Es ist baulich nicht mehr auf aktuellem Stand und es ist schwierig, Bereiche abzutrennen." Gefühlt sei die CCC-Konferenz auch das einzige Event, bei dem die gesamte Location genutzt werde.
Wehmut hört man dieser Tage aber nicht nur bei den Gästen des CCH, sondern auch bei den Betreibern. Der Chaos Communication Congress sei jedes Jahr ein "herausragender Jahresabschluss" gewesen, sagt Messe-Sprecher Karsten Broockmann. Und er sei ein ungewöhnliches Event, schließlich werde hier an mehreren Tagen rund um die Uhr konferiert, gehackt und getagt.
Von wegen Chaos
Broockmann sagt, der CCC-Kongress widerlege alle Befürchtungen, dass die Digitalisierung Kongresse und persönliche Kontakte überflüssig mache. Steigende Teilnehmerzahlen beim CCC-Kongress würden das zeigen: "Auch der aktuelle Kongress war Wochen vor Beginn ausgebucht." Die Vorbereitung und Durchführung des Kongresses sei trotz des "Chaos" im Titel übrigens "äußerst professionell und strukturiert".
Eine der auffälligsten Veränderungen - der Schriftzug CCH über dem Eingang wird alljährlich zu einem CCC -, ist laut Hacker Falk Garbsch noch nie offiziell erlaubt worden: "Die CCH-Leute fanden das aber super." Überhaupt sei beim Kongress viel CCH-Personal im Einsatz, etwa an den Catering-Ständen oder im Bereich Reinigung.
Das CCH will die Hacker wieder
Wie es 2019 weitergeht - und ob ein Comeback der Veranstaltung im CCH möglich ist -, will beim CCC noch niemand sagen. Vom CCH aus jedenfalls scheint eine Rückkehr nicht unrealistisch: "Wir freuen uns natürlich umso mehr darauf, wenn wir ab 2019 den CCC wieder als Gast im neuen CCH begrüßen dürfen", sagt CCH-Sprecher Broockmann. Auf Nachfrage heißt es, es gebe zwar keine konkreten Pläne dafür - Broockmann schreibt aber: "Wir wünschen uns das sehr und arbeiten intensiv daran."
Zu Beginn der Zusammenarbeit, erzählt Broockmann, habe es durchaus Überraschungen gegeben: "Bei der Endverhandlung für den Vertrag der ersten Veranstaltung im Jahre 2011 hatte der Veranstalter noch eine letzte technische Frage an den Chef des CCH", erzählt Karsten Broockmann: "Wo im Gebäude der physische Übergabepunkt eines technischen Anschlusses im Keller sei. Dieser Anschluss war auf Anhieb niemandem im Hause bekannt."
Der Veranstalter, sprich: jemand vom CCC, habe daraufhin seinen Laptop zum CCH-Chef umgedreht und ihm detaillierte Infrastrukturpläne des Gebäudes gezeigt, die Veranstaltern in dieser Form normalerweise nicht zugänglich seien: "Die Frage ließ sich dann sehr schnell beantworten."
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Jedes Jahr zwischen den Jahren verwandelt der Chaos Computer Club (CCC) das Congress Center Hamburg (CCH) für seinen Kongress in eine Hackerbastion. Dieses Jahr allerdings zum vorerst letzten Mal, denn für die nächsten Jahre muss die Veranstaltung mit rund 12.000 Teilnehmern umziehen. Das CCH wird modernisiert.
Strom für die Technik, Mate für den Hacker: Dieses Bild zeigt die beiden wichtigsten Energiequellen für viele der Besucher, kunstvoll und kreativ arrangiert auf einem der vielen kreisrunden, großen Arbeitstische für die Besucher.
Hackerhumor: ein Schild neben einem der Arbeitstische.
Bitte nicht zu viel Licht: Der CCC pimpt die Veranstaltungsfläche durch zahlreiche eigene Installationen auf - und dunkelt an manchen Orten großzügig ab. Dass Fotos vom 33C3 so menschenleer aussehen, hat übrigens seinen Grund: Die Hacker lassen sich nicht gern fotografieren.
Ein bisschen Licht darf aber doch sein: Beleuchtung in der "Lounge", sozusagen der Partyzone des Kongresses.
Auch dieses Farbspiel können Besucher in der "Lounge" sehen.
3D-Drucker auf dem Congress: An vielen Ecken zeigen Teilnehmer, woran sie arbeiten.
LED-Kits zum Basteln: Der Kongress mit seinen zahlreichen Vorträgen ist so gefragt, dass die Tickets dieses Jahr schnell ausverkauft waren.
"Ich sehe, warum die Messe ein großes Problem mit dem Gebäude hat", sagt Falk Garbsch, ein CCC-Sprecher, über die Modernisierungsmaßnahmen am CCH.
Die berühmte Seidenstraße, ein Rohrpostsystem, erstreckt sich wie jedes Jahr durchs ganze CCH-Gebäude.
An vielen Orten im Gebäude haben die Hacker Installationen wie diese aufgestellt.
Feiern bis tief in die Nacht: Das Programm auf dem 33C3 geht bis weit nach Mitternacht.
Während des Kongresses feiern viele der Teilnehmer in der "Lounge".
Tablet Woolim: In den Vorträgen auf dem Congress geht es um bekannte Technik - so wird etwa gezeigt, wie sich eine Playstation 4 hacken lässt -, aber auch um exotische Geräte wie dieses Mobilgerät aus Nordkorea.
Am Stand des Vereins Digitalcourage kann man sich eine "Datenkrake" mal aus der Nähe ansehen.
Und sogar dem US-Präsidenten Barack Obama kann man auf dem 33C3 begegnen - mit dem Spruch "Danke für deine biometrischen Daten".
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