Gesichtserkennung in der Apotheke Sie sehen aus, als könnten Sie Vitamine brauchen

Der Pharmakonzern Bayer lässt in Österreich die Gesichter von Apothekenkunden scannen, um ihnen passende Produkte zu empfehlen. Datenschützer sind entsetzt.
Das Apothekenlogo

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Foto: Ole Spata/ picture alliance / dpa

Wer mit verschnupfter Nase in die Apotheke geht, wird gefilmt: So läuft es derzeit in zwei österreichischen Apotheken, in denen der Pharmakonzern Bayer Austria testweise Gesichtsscanner einsetzt. Lässt ein Kunde sein Gesicht erfassen, zeigen Displays Werbung, die zu seinem Geschlecht und Alter passen.

Der Test ist zunächst auf die beiden Standorte beschränkt. Eine Entscheidung über den Einsatz des Systems ins Deutschland sei noch nicht getroffen, teilt ein Sprecher von Bayer Deutschland auf Anfrage mit. Die Erfahrungen in Österreich würden in die Entscheidung mit einfließen.

In den Apotheken kommen jeweils zwei Scanner und drei Werbedisplays zum Einsatz, heißt es von Bayer Austria. Ein Scanner steht als Aufsteller neben einem Medikamentenregal, ein anderer auf dem Tresen. Beide Scanner sind mit Werbedisplays ausgestattet. Außerdem befindet sich noch ein drittes Display in der Apotheke.

Gesichtsscanner in einer der beiden Apotheken

Gesichtsscanner in einer der beiden Apotheken

Foto: Bayer Austria

Daten werden nicht gespeichert

Neben den Kameralinsen ist die Zeichnung eines Kopfes zu sehen, dazu der Schriftzug "Gesichtsscan". Zusätzlich informiert ein Aushang die Kunden darüber, dass sie gefilmt werden. Die Warnung vor der Kamera steht aber nicht ganz oben im Aushang. Kunden müssen sich zunächst durch verklausulierte Sätze arbeiten, in denen unter anderem ein "digitales Point-of-Sales-Konzept" angepriesen wird.

Einer Sprecherin von Bayer Austria zufolge werden die Aufnahmen der Kamera lokal bearbeitet und weder gespeichert noch weitergereicht. Der Scanner bestimme das Geschlecht und das ungefähre Alter des Kunden. Daraus entstehe ein Zahlenwert, ein sogenannter Hash. Die ursprüngliche Aufnahme werde sofort gelöscht. Die Geräte seien aber mit dem Internet verbunden und würden ferngewartet.

Die Daten würden auch nicht weiter verknüpft werden, erklärt die Sprecherin - beispielsweise mit Informationen darüber, welche Produkte der Kunde gekauft habe. Nach dem Scan bekämen Kunden auf Alter und Geschlecht angepasste Werbung zu sehen. Ältere Kunden könnten etwa Werbung für ein Vitaminpräparat angezeigt bekommen.

Umstrittene Technologie

Auf einem Beispielfoto von Bayer Austria preisen die Werbedisplays ein Mittel gegen Erkältungen an. Welches Geschlecht oder welche Altersgruppe diese Werbung ansprechen sollte, konnte die Sprecherin nicht sagen. Auch ging die Sprecherin nicht näher auf die Frage ein, welchen wirtschaftlichen Nutzen die Geräte haben. Im Fokus stehe das Testen einer Kundenansprache, hieß es.

Die deutsche Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage bezeichnete die Gesichtserkennung in Apotheken auf Anfrage als ungefragtes Eindringen in die Privatsphäre. "Bayer informiert zwar darüber, aber von einer Einwilligung kann nicht die Rede sein", sagte eine Sprecherin. Wer nicht überwacht werden wolle, müsse woanders einkaufen, das sei eine "Friss-oder-Stirb-Mentalität".

Ähnliche Geräte wie Bayer hatten in Deutschland bereits die Deutsche Post und die Supermarktkette Real getestet. Digitalcourage hatte deshalb im Sommer mit Verweis auf das Bundesdatenschutzgesetz Anzeige erstattet . Wenig später hatte Real den Test beendet .

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