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Neustart gegen Apple: Samsung Galaxy Tab 10.1N

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Apple gegen Samsung Die Geschmacksklage

Sieht ein Samsung-Tablet-Computer dem iPad von Apple zu ähnlich? Das Oberlandesgericht Düsseldorf muss darüber entscheiden, ob das Gerät in Deutschland verkauft werden darf. Doch der Senat tut sich schwer - im Saal kommt es zu durchaus komischen Situationen.

Es geht gegen drei, als drei Männer in dunklen Anzügen drei Umzugskartons eine polierte Holztreppe hinunterwuchten. Sie mühen sich ab und schwitzen, ihre Knie schlagen gegen die sperrigen Kisten, die voller Akten sind und auf denen der Slogan einer Spedition zu lesen ist: "Wir bewegen was." Doch vor Gericht rührt sich am Ende nicht viel an diesem Dienstag.

Die Rechtsanwälte einer internationalen Großkanzlei bahnen sich ihren Weg durch zwei Dutzend weitere Anzugträger, die vor dem Saal BZ 5 des Oberlandesgerichts Düsseldorf Position bezogen haben. Man sieht teuer wirkende Haarschnitte, edle Hornbrillen und handgenähte Schuhe und versteht: Hier treffen zwei Weltkonzerne aufeinander, die Milliarden machen und Millionen zahlen können, Apple contra Samsung, das ist das Duell.

Ausgerechnet in der Weihnachtszeit, in der die Produkte der beiden Unternehmen zigfach verkauft werden, kommt es zum Showdown am Rhein. Der 20. Zivilsenat unter dem Vorsitz des Richters Wilhelm Berneke soll darüber befinden, ob Samsung seinen Tablet-PC Galaxy 10.1 in Deutschland, ja vielleicht sogar in Europa überhaupt vertreiben darf.

Bundesweites Verkaufsverbot

Das Düsseldorfer Landgericht hatte im September ein bundesweites Verkaufsverbot für das Gerät verhängt. Die Kammer begründete ihre Entscheidung seinerzeit mit einem "übereinstimmenden Gesamteindruck" zwischen dem Galaxy und dem iPad 2. Im Klartext: Der koreanische Flachcomputer sah laut Urteil dem amerikanischen zu ähnlich. Samsung ging in Berufung.

Die Anwälte des koreanischen Unternehmens, dessen Manager sich am Dienstag den Fortgang der Verhandlung im Gerichtssaal simultan übersetzen lassen, halten den in einem sogenannten Geschmacksmuster geregelten Schutz des Apple-Designs für nichtig. Ihrer Auffassung nach gibt es bereits ältere Rechte an der Ausgestaltung des Tablets.

Darüber hinaus bemühen sie sich, die angeblichen Unterschiede beider Geräte herauszuarbeiten: Von der "robusten, nüchternen Wannenform" des iPads und der "zierlichen Etui-Form" des Galaxy 10.1 ist die Rede. Zudem sind sie der Auffassung, dass die Düsseldorfer Entscheidung allenfalls in Deutschland gelten könne - und nicht in ganz Europa, was wiederum Apple erreichen will.

Geschmacksmuster Nr. 000181607-0001

Der US-Konzern hatte im Mai 2004 das sogenannte Geschmacksmuster Nr. 000181607-0001 "Taschencomputer" registrieren lassen. Dabei handelt es sich um vier Zeichnungen, die einen rechteckigen Gegenstand aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen. Schraffuren sollen offenbar andeuten, dass die Oberfläche des Geräts spiegelt. Und weil die Bilder, die doch Milliardenwerte sichern sollen, denkbar einfach gehalten sind, müssen die Juristen sie nun interpretieren - was nicht ohne Situationskomik gelingt.

Vorübergehend gerät die Verhandlung daher zu einer Designvorlesung auf hohem Niveau. Genussvoll doziert der Vorsitzende von dem "ästhetischen Gehalt" der abgerundeten Kanten, von der "transparenten Fläche", dem "verdeckten Rand" und einer "Reflexbildung bei Schrägstellung". Mancher Zuhörer verdreht entnervt die Augen.

Der Richter packt aus

Nach fast zwei Stunden Verhandlung packt Richter Berneke dann endlich aus. Er hält zwei Computer in die Höhe - und ein Apple-Anwalt erkennt seine Chance: Eine US-Richterin habe das auch mal gemacht und die Samsung-Advokaten gefragt, was denn ihr Gerät sei. Selbst die hätten das nicht auf Anhieb sagen können. "Samsung hat es regelrecht auf Verwechselbarkeit angelegt. Der Sitznachbar soll denken, es sei ein iPad." Es gehe den Koreanern ganz klar um "Ruf-Ausbeutung".

Die Einfachheit des "Kult-Produkts" iPad sei dessen Erfolgsmerkmal und deswegen nicht weniger, sondern besonders schutzwürdig: "Die Einfachheit suggeriert auch computerfernen Menschen: Damit kann auch ich mich der Computerwelt nähern", so der Apple-Anwalt.

Der Vorsitzende Richter bekennt: "Es ist auch schön", dämpft aber gleich die Erwartungen der Apple-Vertreter: "Dem Streben nach Flachheit muss Rechnung getragen werden können." Will sagen: Flach darf auch ein Samsung-Gerät sein. Etwas später darf die Apple-Seite erneut frohlocken: Alle anderen Produkte auf dem Markt seien weiter vom iPad entfernt als das Samsung-Gerät, so Berneke. Doch erst Ende Januar will der Senat seine Entscheidung in der Sache verkünden.

Weltweiter Streit

Der Streit zwischen den beiden Konzernen wird nicht nur in Deutschland ausgetragen, sondern weltweit. Auch in Australien, Korea, auf EU-Ebene und den USA stehen sich die Unternehmen in juristischen Auseinandersetzungen gegenüber, mal geht Samsung wegen vermeintlicher Patentsverletzungen gegen Apple vor, mal umgekehrt, mal geht es um Technologie, mal um Design. Samsungs jüngster Streich bezieht sich auf ein Verfahren zur Eingabe von Smileys in SMS. Der koreanische Konzern wirft Apple vor, im iPhone würde dazu ein Verfahren verwendet, das Samsung-Patente verletze.

Kurios wirkt der Konflikt nicht zuletzt deshalb, weil die beiden Unternehmen gleichzeitig enge Geschäftsbeziehungen unterhalten: Samsung ist Apples größter Zulieferer von Chips, die auch in iPhones und iPads verbaut werden. Apple wiederum ist Samsungs wichtigster Kunde.

Nach Berechnungen der Marktforschungsfirma IDC stieg Samsung im dritten Quartal 2011 zum weltgrößten Smartphone-Hersteller auf. Der südkoreanische Konzern lieferte demnach zwischen Juli und September weltweit 23,6 Millionen Smartphones aus - Apple setzte im selben Zeitraum 17,1 Millionen Stück ab.

Inzwischen ist Samsung mit dem leicht veränderten Tablet Galaxy 10.1N auf dem Markt. Doch auch gegen dieses Gerät geht Apple juristisch vor. Das Design des modifizierten Modells sei dem des iPad immer noch zu ähnlich und verletze damit die Rechte des US-Konzerns. Am Donnerstag wird das Landgericht Düsseldorf über den neuen Verbotsantrag verhandeln. Der Streit geht weiter.

Absatz und Weltmarktanteile der fünf größten Smartphone-Hersteller

Anbieter Abgesetzte Geräte (Millionen, 3. Quartal 2011) Marktanteil (3. Quartal 2011) Abgesetzte Geräte (Millionen, 3. Quartal 2010) Marktanteil (3. Quartal 2010) Veränderung
Samsung 23,6 20,0% 7,3 8,8% 223,3%
Apple 17,1 14,5% 14,1 17,0% 21,3%
Nokia 16,8 14,2% 26,5 32,0% -36,6%
HTC 12,7 10,8% 5,9 7,1% 115,3%
RIM 11,8 10,0% 12,4 15,0% -4,8%
andere 36,1 30,6% 16,6 20,0% 117,5%
Gesamt 118,1 100,0% 82,8 100,0% 42,6%
Mit Material von dpa
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