

Pjöngjang - "Hallo Welt", twittert Jean H. Lee von der Nachrichtenagentur Associated Press (AP), dies sei ihr erster Tweet aus dem Mobilnetz von Provider Koryolink. Die Nachricht mag wenig spektakulär klingen, doch diese 140 Zeichen sind so etwas wie ein Meilenstein: Die Journalistin twittert nämlich von ihrem Handy aus - aus dem nordkoreanischen Pjöngjang.
Es ist womöglich die erste solche Kurznachricht irgendeines Besuchers, die das verschlossene Land übers Funknetz verlassen durfte. Schon wenig später schossen Jean H. Lee und ihr Kollege, der AP-Fotograf David Guttenfelder, Handy-Fotos bei einer Tour durch die Stadt und veröffentlichten diese Schnappschüsse mit der Handy-App "Instagram" - auch das ein Novum.
Berichterstattung aus der Hosentasche
Bisher durften Journalisten und Touristen keine Mobilgeräte mit ins Land bringen; in einem ausführlichen Bericht beschreibt die Journalistin von den strikten und gründlichen Kontrollen auf ihren letzten Reisen - etwa, wie ihr am Flughafen das iPhone aus der Tasche gefischt wird. Auch für Bilder gelten seit jeher strenge Regeln. Ohne Erlaubnis darf grundsätzlich nichts fotografiert werden, und Lee beschreibt, wie die Beamten bei der Ausreise stets jedes Bild auf der Kamera geprüft hätten. Die Reporter mussten vor Ort die lokalen Handys nutzen und den Internetzugang, der ihnen im Hotel zur Verfügung gestellt wurde.
Mit der entsprechenden Sim-Karte surfen Besucher jetzt auch in Nordkorea unterwegs: Bildberichterstattung aus der Hosentasche, quasi in Echtzeit. Mit dem eigenen Telefon und Diensten wie Instagram, Flickr oder Twitter, mit denen sich Bilder sofort in Sekundenschnelle über das Netz verbreiten, die dann unwiderruflich in der Welt sind. Den Anfang machen die Tweets von Jean H. Lee alias @newsjean.
Das Surfen per Handy sorgt vor Ort für Verwunderung
"Unsere nordkoreanischen Kollegen haben überrascht zugesehen, als wir ihnen gezeigt haben, dass wir mit unseren Telefonen im Internet surfen können", schreibt Lee. Diejenigen Nordkoreaner, die ein nationales Handy besitzen, nutzten es zum Telefonieren, Simsen, Fotografieren, Musik tauschen und Zeitung lesen. "Aber sie können nicht im 'internationalen' Internet surfen, wie sie es nennen" schreibt sie; der Zugang zum World Wide Web sei nach wie vor nur einer sehr kleinen Gruppe vorbehalten. Für alle anderen ist googeln oder E-Mails aus dem Land heraus verschicken unmöglich.
Jetzt posten die Journalisten ein Bild nach dem anderen per Instagram, auch wenn die Motivauswahl nach wie vor sehr eingeschränkt ist - immerhin werden die Journalisten weiterhin von Abgesandten des Regimes bewacht (siehe Fotostrecke): Eine Stadtführerin ist auf einem Foto zu sehen, Kinder vor der Statue von Kim Jong Il und Kim il Sung oder eine Straßenszene durch einen Vorhang. Doch manche Bilder geben tatsächlich einen kleinen Eindruck des Alltags. So veröffentlichten die Journalisten auch Fotos von einem Mann beim Friseur, einer Frau, die ein Bündel Feuerholz über ein schneebedecktes Feld trägt, von einer Propaganda-Postkarte, einer verlassenen Straße oder von Verkehrspolizisten, die sich gerade Schlittschuhe unter die Füße schnallen.
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Pjöngjang per Instagram: Ein Mann geht durch die Stadt, vorbei an einem Banner zum umstrittenen Atomtest im Februar.
Schnappschüsse aus der Stadt: Nordkoreanische Schuljungen spielen mit der Profikamera eines Fotografen der Nachrichtenagentur Associated Press. Im Hintergrund die Statuen der Diktatoren Kim Il Sung und Kim Jong Il.
Mit dem Handy fotografiert: Eine Stadtführerin zeigt vor einer Tour durch Pjöngjang, zu welchen historischen Sehenwürdigkeiten es geht. Erstmals dürfen Besucher seit Mitte Januar Handys mit ins Land bringen.
Säuglingsstation: Einige Szenen aus dem norkoreanischen Alltag können Besucher jetzt mit dem Handy knipsen - und neuerdings quasi in Echtzeit verbreiten. Seit Ende Februar gewährt der lokale Provider Koryolink den Besuchern Internetzugang über das Mobilfunknetz.
Straßenszene hinter dem Vorhang: Dieses Bild aus der nordkoreanischen Hauptstadt wurde mit einem iPod touch aufgenommen.
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