Netzwerkausrüster BlueCoat Iran und Sudan filtern und schnüffeln mit US-Technik

Netzwerkkabel: Filtertechnik aus den USA in autoritären Regimen
Foto: Matthias Balk/ dpaDie Internetfilter der Firma BlueCoat lassen sich in 83 Ländern aufspüren. Mit den Geräten kann der Datenverkehr überwacht werden, Websites lassen sich sperren und Nutzer gezielt ausforschen - es sind mächtige Werkzeuge, die in den falschen Händen viel Schaden anrichten können.
Umso kritischer ist, dass Anlagen der US-Firma offenbar auch in Ländern stehen, die sowohl Menschenrechte missachten als auch mit Handelssanktionen seitens der USA belegt sind: der Sudan, Iran und Syrien. Das berichten Forscher des Citizen Lab der University of Toronto . Auch in der Elfenbeinküste werden demnach BlueCoat-Systeme eingesetzt.
Die Forscher haben nach zwei Geräten der US-Firma gesucht, nach ProxySG und PacketShaper. "Komplette Kontrolle", verspricht die Firma für ProxySG, der Datenverkehr könne untersucht und gefiltert werden. Verschlüsselte Daten könnten gesondert an einen Server geschickt werden - eine neue Funktion namens "Encrypted Tap" soll es erlauben, selbst in den verschlüsselten Datenverkehr hineinzusehen.
Internetzensus spürt Filter auf
Mit PacketShaper soll es möglich sein, gezielt Websites zu blockieren. So kann beispielsweise Facebook im Netzwerk erlaubt werden, nicht aber Spiele auf Facebook. Das Gerät soll einfache Kontrolle ermöglichen, gleichzeitig gezielte Eingriffe erlauben.
Citizen Lab hat die Geräte in einem riesigen Datensatz aufgespürt, den ein Hacker wohl nicht völlig legal mit Hilfe eines Botnets gesammelt hatte, dem sogenannten Carna-Botnet. Der Unbekannte hatte vergangenes Jahr Hunderttausende Computer weltweit ferngesteuert und mit deren Hilfe systematisch IP-Adressen abgefragt. Unter den 1,3 Milliarden IP-Adressen fanden die Forscher die Überwachungssysteme. Sie betonen, dass ihre Untersuchung keineswegs vollständig sei.

Erde online: Die Vernetzung der Welt
Dass das Regime von Baschar al-Assad in Syrien mehr als ein Dutzend BlueCoat-Systeme einsetzt, hatte SPIEGEL ONLINE bereits 2011 berichtet. Ein Tochterunternehmen einer deutschen Firma aus München, das in Dubai sitzt, hatte die Überwachungsgeräte trotz Embargo nach Syrien geschafft. Dieses Jahr wurde die Firma zu einer Strafe in Höhe von 2,8 Millionen Dollar verurteilt . Der Händler soll gegenüber BlueCoat behauptet haben, die Geräte seien für Afghanistan und den Irak bestimmt.
BlueCoat-Technik auch in China
Gegenüber der "Washington Post" erklärte ein BlueCoat-Sprecher zu den neuen Enthüllungen: Man habe niemals den Verkauf der Technik in Länder erlaubt, die unter einem US-Handelsembargo stehen. Außerdem seien die Geräte ja gar nicht zu Überwachungszwecken gedacht.
Was die Forscher von Citizen Lab auch anmerken: Ein Handelsembargo ist derzeit wohl das einzige Hindernis, das Firmen davon abhalten soll, Überwachungstechnik in alle Welt zu verkaufen. Nach dem Arabischen Frühling, als Filter- und Überwachungstechnik aus Europa und den USA in autoritären Regimen entdeckt worden war, gab es zwar eine Diskussion über die Beschränkung von Software-Exporten, doch es änderte sich wenig.
Auch in Deutschland wurden damals Rufe nach Beschränkungen laut. Siemens-Technik wurde offenbar nach Syrien verkauft, in Bahrain kam ein Trojaner zur Ausspähung der Opposition zum Einsatz, der wohl aus Deutschland kam. Die Bundesregierung hatte den Export von Überwachungstechnik in autoritäre Regime sogar mit Hermes-Bürgschaften abgesichert. Diskutiert werden Regeln zur stärkeren Kontrollen nun in der Europäischen Union.
Zu den 83 Ländern, in denen Citizen Lab die Überwachungstechnik gefunden hat, gehören weitere Staaten im Nahen Osten sowie China.