Bundesgerichtshof Provider müssen Tauschbörsen-Nutzer verraten

Werden im Internet illegal Dateien getauscht, müssen Provider in aller Regel auf Antrag verraten, welcher Kunde sich hinter einer IP-Adresse verbirgt. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Bisher war dazu ein "gewerbsmäßiges Ausmaß" nachzuweisen.
Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Herausgabe von IP-Adressen ohne Weiteres begründet

Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Herausgabe von IP-Adressen ohne Weiteres begründet

Foto: Uli Deck/ picture alliance / dpa

Karlsruhe - Der Bundesgerichtshof hat die Verfolgung von Rechtsverletzungen im Internet erleichtert. Nach einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung müssen Internet-Provider auch bei nicht gewerblichen Verletzungen in aller Regel den Namen und die Anschrift von Nutzern mitteilen, die ein Musikstück unberechtigt in eine Online-Tauschbörse eingestellt haben. Der Rechteinhaber wäre "faktisch schutzlos gestellt", soweit er in solchen Fällen keine Auskunft erhielte, hieß es zur Begründung.

Der BGH gab damit dem Antrag eines Musikvertriebs statt, der Rechte an Musiktiteln des Sängers Xavier Naidoo wahrnimmt. Der Vertrieb hatte IP-Adressen von Nutzern ermittelt, die den Titel "Bitte hör nicht auf zu träumen" im vergangenen Herbst über eine Online-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten hatten. Dabei handelte es sich um sogenannte dynamische IP-Adressen, die nicht dauerhaft einem Nutzer zugeteilt werden, sondern jeweils neu vom Provider vergeben werden.

Wer sich hinter den wechselnden IP-Adressen verbirgt, ist nur den Providern bekannt, die die IP-Adressen zuweisen. Das war in diesem Fall die Telekom. Der Musikvertrieb wollte vom Provider wissen, wer die Adressen jeweils genutzt hatte. Die Vorinstanzen in Köln hatten den Antrag abgelehnt, weil die Verletzung kein gewerbliches Ausmaß gehabt habe.

Der BGH hob nun die Entscheidungen der Instanzgerichte auf und gab dem Antrag statt. Auch in Fällen ohne gewerbliches Ausmaß sei die Herausgabe der sogenannten Verkehrsdaten zulässig; damit lässt sich ermitteln, welcher Nutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte dynamische IP-Adresse hatte. Ein solcher Antrag sei "unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet", so der BGH  in der Mitteilung zum Urteil .

Gewerbsmäßig müssen die Provider handeln

In dem Verfahren ging es um die Auslegung des seit September 2008 geltenden Gesetzes  zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Im Urheberrecht kamen neue Passagen zum Auskunftsanspruch von Providern hinzu. Im Gesetzestext heißt es, dass die Rechteinhaber von jemandem, der "in gewerblichem Ausmaß" beispielsweise ihr Urheberrecht verletzt hat, Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg des Materials erhalten müsse.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sieht keinen Zusammenhang zwischen dieser Formulierung und dem im folgenden Abschnitt des Gesetzes geregelten Auskunftsanspruch gegenüber Dritten wie beispielsweise Internetprovidern. Tatsächlich heißt es im zweiten Abschnitt nur, dass etwa in Fällen "offensichtlicher Rechtsverletzung" auch ein Auskunftsanspruch gegenüber einer Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte. Gewerbsmäßig bezieht sich in diesem Abschnitt auf den Provider, nicht auf den Rechtsverletzer.

(Aktenzeichen: Bundesgerichtshof I ZB 80/11)

ore/lis/dpa/AFP

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