Alarmmeldungen auf allen Handys Cell Broadcast wird erstmals bundesweit getestet

Warnmeldung per Cell Broadcast in den USA
Foto:Bernd von Jutrczenka / dpa
Am geplanten bundesweiten Warntag soll erstmals die Warnung der Bevölkerung über das sogenannte Cell-Broadcast-System getestet werden. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest, er werde aber wahrscheinlich im September sein, teilte eine Sprecherin des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf Anfrage mit.
Beim Cell Broadcasting erhalten alle Nutzerinnen und Nutzer von Mobiltelefonen eine Mitteilung auf ihre Geräte, die aussieht wie eine SMS. Anders als bei den Warn-Apps Nina und Katwarn werden mit diesem System allerdings auch Menschen erreicht, die kein Smartphone verwenden. Zudem gelangen die Nachrichten auch dann zu den Empfängerinnen und Empfängern, wenn auf deren Endgeräten der Ruhemodus aktiviert ist. Auch ausländische Handys bekommen die Warnung, sollten sie sich in dem Katastrophengebiet aufhalten.
Das BBK teilte mit, die Ertüchtigung des sogenannten Modularen Warnsystems und die Bereitstellung der Schnittstellen zu den Mobilfunknetzbetreibern werde bis zum 30. Juni fertiggestellt sein. »Das Ziel aller Beteiligten ist es, das System so schnell wie möglich umzusetzen und somit vom Testbetrieb in den Wirkbetrieb überzugehen«, heißt es vom BBK.
Kritik am Tempo der Einführung
Es wird erwartet, dass die Mobilfunknetzbetreiber bis zum Warntag eine Cell-Broadcast-Testversion bereitstellen werden. Für den Übergang in den Regelbetrieb haben Netzbetreiber und Endgerätehersteller bis Februar 2023 Zeit. In einer entsprechenden technischen Richtlinie, die am 24. Februar von der Bundesnetzagentur veröffentlicht worden war, sind unter anderem Sicherheitsstandards festgelegt, die verhindern sollen, dass Hacker falsche Warnmeldungen versenden.
Die Kosten für die Cell-Broadcast-Einführung werden auf rund 40 Millionen Euro geschätzt. Jährlich wird dann mit Ausgaben von bis zu einer Million Euro pro Betreiber für Wartung und Betrieb des Systems gerechnet. Diese Kosten übernimmt der Bund. Das Versenden von Warnnachrichten wird nicht vergütet.
Mehrere Politiker forderten Tempo bei der Einführung des Systems. FDP-Innenpolitikerin Sandra Bubendorfer-Licht etwa hatte dem Nachrichtenportal »The Pioneer« gesagt: »Wir haben es versäumt, verschlampt, verschleppt.« Und Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach in der »Rheinischen Post« von einer »ärgerlichen Zeitverzögerung«. Diese halte Nordrhein-Westfalen aber nicht davon ab, die landesweite Warninfrastruktur zu verbessern.
Die Forderung nach einer schnellen Umsetzung des Warnsystems kam auch aus der Grünen-Bundestagsfraktion. »Cell Broadcasting ist ein wichtiger Baustein, um Menschen in einem Katastrophenfall erreichen zu können. Deshalb ist eine schnelle Einrichtung wichtig, sie kann Leben retten«, sagte der Grünen-Innenpolitiker Leon Eckert der »Rheinischen Post«. »Dafür braucht es jedoch mehr Mittel und Personal im BBK.« Die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr und der Krieg in der Ukraine machten deutlich, dass der Schutz der Menschen in Deutschland eines der zentralen Themen der Zukunft sei.
Aus dem Bundesinnenministerium hieß es, der deutsche Warnmix aus App, Radio, Fernsehen, Stadtinformationstafeln und Internet erfülle bereits die Anforderungen des EU-Kodexes für elektronische Kommunikation. Das Cell-Broadcast-System sei hier eine sinnvolle Ergänzung. Der »Rheinischen Post« sagte eine Ministeriumssprecherin: »Eine Verzögerung liegt in Bezug auf die Einführung von Cell Broadcast in Deutschland nicht vor.«
Der erste Probealarm ging daneben
Die rechtlichen Grundlagen für die Einführung des Systems hatte die Bundesregierung nach der Flutkatastrophe im vergangenen Juli geschaffen. Damals war kritisiert worden, dass viele Bürger nicht rechtzeitig und eindringlich genug vor den drohenden Überschwemmungen gewarnt worden seien. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kamen mehr als 180 Menschen ums Leben.
Beim ersten bundesweiten Warntag am 10. September 2020 war einiges schiefgelaufen. Unter anderem kamen die Meldungen der Warn-Apps Nina und Katwarn erst mit einer guten halben Stunde Verspätung auf den Smartphones der Bürgerinnen und Bürger an. Wäre es ein Ernstfall gewesen, hätten viele Menschen davon nichts mitbekommen. Das Bundesinnenministerium hatte den Probealarm deshalb damals als »fehlgeschlagen« bezeichnet.