Bei Vereinbarkeit mit EU-Recht Justizministerin will Vorratsdatenspeicherung gegen Kindesmissbrauch

Im Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder bringt Bundesjustizministerin Lambrecht die umstrittene Vorratsdatenspeicherung ins Spiel. Zunächst will sie aber ein EuGH-Urteil abwarten.
Christine Lambrecht bei einer Rede im Bundestag

Christine Lambrecht bei einer Rede im Bundestag

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat im Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder auch die umstrittene Vorratsdatenspeicherung ins Spiel gebracht. "Wir werden den Ermittlern auch die Möglichkeit an die Hand geben, die Vorratsdatenspeicherung zu nutzen, soweit dies mit deutschem und europäischem Recht vereinbar ist", sagte Lambrecht am Donnerstag in einer Rede im Bundestag.

Innen- und Justizminister aus der Union hatten in den vergangenen Monaten ihre Forderung bekräftigt, Ermittlern die Vorratsdatenspeicherung zur Verfügung zu stellen. Horst Seehofer beispielsweise bezeichnete das Mittel als "unerlässlich." Dazu hatte es bisher aus dem Bundesjustizministerium geheißen, eine solche Debatte stehe aktuell nicht an, da die Vorratsdatenspeicherung von deutschen Gerichten und dem europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt wurde und noch wichtige Gerichtsurteile ausstehen.

Der europäische Gerichtshof hatte bereits 2016 geurteilt, dass eine anlasslose Datenspeicherung - wie sie die deutsche Vorratsdatenspeicherung vorsieht - nicht grundrechtskonform ist. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Anbieter gesetzlich verpflichtet, die Telefon- und Internetverbindungsdaten all ihrer Kunden zu sichern, sodass Ermittler später bei einem Verdacht darauf zugreifen können. Datenschützer und Opposition kritisieren die massenhafte, verdachtsunabhängige Speicherung als unverhältnismäßig.

Aufgrund der Gerichtsurteile liegt die Regelung in Deutschland auf Eis und wird momentan nicht umgesetzt. Schon am kommenden Dienstag wird über französische, belgische und britische Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung in Luxemburg geurteilt. Ein Urteil zur deutschen Regelung wird in den kommenden Monaten erwartet.

Aus dem Bundesjustizministerium heißt es, Lambrechts aktuelle Äußerungen im Bundestag seien zwar ein politisches Signal, sie stellten inhaltlich aber keinen Kurswechsel dar. Man habe immer darauf hingewiesen, dass man zunächst das noch ausstehende Urteil des europäischen Gerichtshofs abwarten müsse.

Erweiterungen für mögliche Vorratsdatenspeicherung

Das von Ministerin Lambrecht angekündigte Gesetz zum Kampf gegen sexualisierte Gewalt soll nach SPIEGEL-Informationen noch im Oktober ins Kabinett kommen. Im Entwurf befinden sich auch Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung. So soll die Strafprozessordnung so erweitert werden, dass eine Vorratsdatenspeicherung auch bei weniger schweren Missbrauchsdelikten angewendet werden kann. Dies war bisher nicht vorgesehen.

In der Praxis wäre die Erweiterung nur wirksam, wenn die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich umgesetzt würde. Eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung wiederum wird dagegen definitiv nicht Teil von Lambrechts Gesetzentwurf sein.

Mit Material der dpa

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