Warnung von Datenschützer Polizei soll nur sparsam auf Corona-Gästelisten zugreifen

Wer in Corona-Zeiten in einem Café oder Biergarten einkehrt, muss Anschrift und Kontaktdaten hinterlassen. Ein Datenschützer verlangt hohe Hürden, bevor die Daten an die Polizei weitergereicht werden dürfen.
Außengastronomie in Düsseldorf: Restaurants werden zur Kontaktdatenbörse

Außengastronomie in Düsseldorf: Restaurants werden zur Kontaktdatenbörse

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Ralph Peters/ imago images/Ralph Peters

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann warnt, dass zum Infektionsschutz gesammelte Daten in Gaststätten nur unter bestimmten Umständen an Polizeibehörden herausgegeben werden sollten. In einem Bericht des Südwestdeutschen Rundfunks  (SWR) erklärt Kugelmann, die Daten dürften allenfalls bei schweren Straftaten wie Mord oder Totschlag für Ermittlungen genutzt werden. Bei einer kleinen Schlägerei sei es dagegen unverhältnismäßig, dass die Polizei die Listen mit persönlichen Daten auswerte, sagte Kugelmann dem SWR.

Kugelmann berichtete weiterhin, ein Polizeipräsidium in seinem Bundesland habe bereits angefragt, ob und unter welchen Bedingungen die Polizei solche Listen auswerten dürfe. Anfang Juli hatte die Hamburger Polizei die Liste eines Restaurants genutzt , um Zeugen zu kontaktieren, die einen Verdächtigen beobachtet haben könnten. Der Mann soll versucht haben, Passanten mit einem Cuttermesser zu verletzen, berichtete die Polizei .

Grundsätzlich sehen die Corona-Verordnungen der Bundesländer eine strenge Zweckbindung im Umgang mit den Daten vor, die bei einem Gastronomiebesuch hinterlassen werden. Das bedeutet, Gastronomen dürfen die Daten nicht für Werbung oder andere Zwecke benutzen oder weitergeben. Die Daten dürfen ausschließlich zur Eindämmung von Infektionen genutzt werden.

Richterliche Genehmigung erforderlich

Das Bundesjustizministerium bestätigte auf Anfrage des SWR allerdings, dass die Daten von Strafverfolgungsbehörden benutzt werden dürften, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen. Gemeint sind die in der Strafprozessordnung festgelegten Regeln zur Beschlagnahmung. Sie sehen vor, dass die Polizei Gegenstände beschlagnahmen darf, wenn sie eine richterliche Genehmigung hat. Bei Gefahr im Verzug reicht zunächst die Anordnung der Staatsanwaltschaft. Eine Beschränkung auf bestimmte Straftaten gibt es dabei nicht.

Der Datenschutzbeauftragte Kugelmann fordert, dass sich die Polizei das Beschlagnahmen der Kontaktdaten generell von einem Richter genehmigen lassen müsse. Es müsse sichergestellt sein, dass die Listen nicht zu x-beliebigen Ermittlungen herangezogen werden, sagte Kugelmann dem SWR.

Zu den Daten, die Gäste bei einem Besuch in einem Restaurant oder einer Bar hinterlassen müssen, können je nach Bundesland und Fall Name, Anschrift und Telefonnummer oder E-Mail-Adresse zählen. Die Daten müssen nach einer bestimmten Zeit - in den meisten Fällen vier Wochen - vernichtet werden. Die Daten werden auf Listen gesammelt, manchmal aber auch über entsprechende Apps.

hpp/dpa
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