Datenskandal Trumps Wahlerfolg und das Facebook-Rätsel

Donald Trump
Foto: Evan Vucci/ APZu den Lieblingsbehauptungen von Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf 2016 gehörte die vom angeblich "manipulierten politischen System". Die gesamte Wahl, die Berichterstattung der Medien, die Umfragen, alles sei ein einziger großer Schwindel, um seinen möglichen Sieg zu verhindern, erklärte Trump. Seine Anhänger johlten dann immer laut auf.
Nun hat er bekanntlich doch gewonnen, und mit den neuen Enthüllungen über den mutmaßlichen Missbrauch der Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern im Wahlkampf durch die Firma Cambridge Analytica stellt sich einmal mehr die Frage, ob nicht eigentlich vor allem einer geschummelt hat: Donald Trump.
In Washington erhöhen insbesondere die oppositionellen Demokraten den Druck auf den Präsidenten, auf Facebook und auf dessen Chef, Mark Zuckerberg. Sie verlangen Aufklärung in der Affäre, die seit dem Wochenende die Tech-Industrie und den politischen Betrieb in Aufregung versetzt.
Offene Fragen
Adam Schiff, Sprecher der Demokraten im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses kündigte an, er und sein Team wollten möglichst bald frühere Mitarbeiter von Cambridge Analytica zu dem mutmaßlichen Datenleck befragen. Auch den Whistleblower Christopher Wylie, der die jüngsten Vorwürfe in der "New York Times" öffentlich gemacht hatte. Mehrere Senatoren erklärten zugleich, Zuckerberg vorladen zu wollen. Er müsse endlich die ganze Geschichte über den Missbrauch der Plattform im Wahlkampf durch Trump und die Russen erzählen, forderte Senator Mark Warner, ein Demokrat.
Für die Aufklärer im Kongress gibt es viel zu tun. Etliche Fragen in der Affäre sind ungeklärt: Was wussten Trump und seine Vertrauten wirklich über den mutmaßlichen Missbrauch von Daten? Gibt es eine Verbindung zur der Russlandaffäre? Und: Werden Daten möglicherweise immer noch illegal genutzt?
Klar ist, dass Trump und seine Strategen bei der Wahlkampagne massiv auf den Einsatz von Werbebotschaften bei Facebook gesetzt haben. Für sie war Facebook ein zentrales Vehikel, um vor allem in jenen Staaten Wähler zu gewinnen, die am Ende Trump sehr knapp die Präsidentschaft sicherten: Wisconsin zum Beispiel, Florida und Pennsylvania.
Wichtiger als Zeitungen und TV
Wenn es stimmt, was Whistleblower Wylie behauptet, dann konnten Trumps Strategen mithilfe von Cambridge Analytica auf einen größtenteils illegal erworbenen Datenschatz von 50 Millionen Facebook-Nutzerprofilen zurückgreifen. So sollen die politischen Vorlieben und das mögliche Wahlverhalten einzelner Nutzer analysiert worden sein, um diese Amerikaner dann mit maßgeschneiderten Pro-Trump-Botschaften anzusprechen.
Es wäre kühn zu behaupten, dass Trump allein wegen seiner geschickten Facebook-Kampagne die Wahl gewonnen hat. Mit Sicherheit jedoch hat sie dabei geholfen, seine populistische Botschaft zu verbreiten. Trump konnte so Wähler mobilisieren, die für ihn vielleicht auf anderem Wege nicht ansprechbar gewesen wären. Für viele Millionen Amerikaner ist Facebook längst zur täglichen Hauptinformationsquelle geworden, hat die großen Zeitungen und TV-Stationen zum Teil bereits an Bedeutung überholt.
Der ultrarechte Wunschkandidat
Wer im Team-Trump bei den Social-Media-Aktivitäten die Strippen zog, ist bis heute nicht ganz klar und wird einer der Punkte sein, die vom Kongress untersucht werden könnten. Die Macher von Cambridge Analytica um Alexander Nix standen wohl schon länger in engem Kontakt mit Stephen Bannon, dem damaligen Chef der Webseite Breitbart News. Bannon wiederum wurde in den Jahren vor der Wahl 2016 von dem Multimilliardär Robert Mercer und dessen Tochter Rebekah gefördert. Die Mercers unterstützten mit ihrem Geld sowohl Breitbart als auch Cambridge Analytica.
Wie der Journalist Joshua Greene in dem Buch "Devils Bargain" berichtet, teilten die Mercers und Bannon zwei Leidenschaften: Sie wollten möglichst einen ultrarechten Kandidaten zum Präsidenten der Vereinigten Staaten machen. Und sie sahen voraus, dass der Einsatz von Social Media dabei eine mächtige Waffe sein könnte. Sie kannten sich bestens aus: Robert Mercer hat sein Vermögen mit der Entwicklung von Software für den Börsenhandel gemacht, Bannon wiederum war vor seiner Arbeit bei Breitbart in Hongkong im Geschäft mit Onlinespielen tätig.
Datenskandal bei Facebook: Mindestens 50 Millionen Profile betroffen
Jared Kushner trieb das Thema voran
Als mit Donald Trump 2015 der geeignete Präsidentschaftskandidat gefunden war, kam alsbald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mit ins Spiel. Er ließ sich in einem großen Porträt in der Zeitschrift "Forbes" als Mastermind hinter Trumps Social-Media-Strategie feiern. Tatsächlich war er wohl einer derjenigen, die im Team Trump ab dem Frühjahr 2016 massiv auf den Einsatz von Facebook und Co. setzten. Seine Verbindungen zu Cambridge Analytica sind jedoch unklar.
Sicher ist, dass Kushner eng mit Brad Parscale verbandelt ist, der einst Webseiten für Trumps Firmenimperium entwickelte. Parscale und Kushner organisierten ab dem Sommer 2016 in einem Bürohaus in San Antonio, Texas, mit einem einhundertköpfigen Team den gesamten Social-Media-Auftritt der Trump-Kampagne.
Gab es einen Datenaustausch mit den Russen?
Dabei war wohl auch Cambridge Analytica mit an Bord. In dem großen Kushner-Porträt in "Forbes" von 2016 wird die Rolle der Firma ausdrücklich gewürdigt. Als "Targeting Partner" habe sie geholfen, herauszufinden, welche Trump-Themen für die Wähler am wichtigsten seien, heißt es da. Bald hätte die Daten aus dem Social-Media-Team fast jede Entscheidung des Wahlkampfteams beeinflusst: Wohin Trump reist, welche Werbung geschaltet wird, welche Themen er in seinen Reden erwähnen soll.
Das Schöne für das Team-Trump: Wie sich inzwischen ziemlich präzise durch die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller herausgestellt hat, nutzte zur gleichen Zeit auch eine russische Troll-Farm in Sankt Petersburg Facebook und andere Social-Media-Kanäle, um den Kandidaten Trump zu unterstützen und Hillary Clinton madig zu machen. Laut den Ermittlern sollen die Russen zudem gezielt Anzeigen bei Facebook gebucht haben. Ob es womöglich einen verborgenen Austausch von Nutzerdaten zwischen dem Trump-Team und den Russen gab, gehört zu den Punkten, die Mueller untersuchen könnte.
Die Vorbereitungen für die nächste Wahl laufen schon
Vom Trumps Leuten werden solche Verbindungen naturgemäß als Verschwörungstheorien zurückgewiesen. Auch von dem mutmaßlichen Datenleck bei Facebook will niemand etwas gewusst haben. Die Beteiligten dementieren die Vorwürfe entweder oder schweigen gleich ganz.
Sie haben womöglich auch allen Grund zur Zurückhaltung: Denn Trump, Kushner und Co. haben längst mit den Vorbereitungen für die nächste Wahlkampagne begonnen. Der Präsident will 2020 wiedergewählt werden. Social-Media-Aktivitäten werden dabei wieder eine Schlüsselrolle einnehmen. Brad Parscale, der Tech-Mann, wurde gerade zum Wahlkampfchef ernannt.