Entwurf des Koalitionsvertrags Union und SPD wollen Vorratsdatenspeicherung zurück

Da ist sie wieder: Die Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten steht in einem Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD. Kritiker sehen in der Datensammlung einen Generalverdacht gegen Millionen Bürger.
Kabel in einem Rechenzentrum (Symbolbild): Provider sollen große Datenspeicher anlegen

Kabel in einem Rechenzentrum (Symbolbild): Provider sollen große Datenspeicher anlegen

Foto: AP/dpa

Hamburg - Union und SPD haben sich offenbar auf die Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Das geht aus dem dritten Entwurf des Koalitionsvertrags hervor (PDF-Datei).

Im Entwurf des Koalitionsvertrags, datiert auf den 26. November, 0.20 Uhr, heißt es unter der Überschrift Vorratsdatenspeicherung:

"Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken."

Trotz der NSA-Affäre wollen die Parteien offenbar einen gewaltigen Überwachungsapparat aufbauen: Provider müssen das Nutzungsverhalten ihrer Kunden über Monate protokollieren, der Staat greift bei Bedarf zu. Ein halbes Jahr später ließe sich noch feststellen, wer mit wem telefoniert hat - und in welche Funkzelle ein Handy eingebucht war.

In einem vorherigen Entwurf hatte es noch geheißen, die Vorratsdatenspeicherung sei "strittig". Die Union ist für die Einführung der Speicherpflicht. Auch bei der SPD gibt es einen Beschluss, die EU-Richtlinie umzusetzen. Die Positionen unterscheiden sich nur in Details: SPD-Politiker wollen die Speicherdauer verkürzen und verlangen hohe Zugriffshürden.

Der aktuelle Entwurf kommt diesen Wünschen entgegen. Auf EU-Ebene würde sich Deutschland für eine Verkürzung einsetzen, Zugriff auf die Daten soll es nur bei schweren Straftaten geben. Ob die Passage unverändert stehen bleibt, ist noch nicht sicher. Aber spätestens am Mittwoch soll ein endgültiger Koalitionsvertrag vorliegen, über den die SPD-Basis dann abstimmen soll.

Gemäß einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 muss Deutschland ein Gesetz verabschieden, damit Provider die Verbindungsdaten ihrer Nutzer mindestens sechs Monate lang aufbewahren. Gespeichert werden soll, wer mit wem wann von wo aus telefoniert hat. Auch, wer mit welcher IP-Adresse auf das Internet zugreift und wem eine E-Mail schreibt, müssen die Provider speichern.

Fotostrecke

Vorratsdaten: Wer, wann, mit wem, wie lange

Foto: SPIEGEL ONLINE

Kritiker sehen darin einen Generalverdacht gegen alle Bürger. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte eine erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung verhindert, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine erstes Gesetz dazu im Jahr 2010 gekippt hatte. Die Richter monierten, dass die Speicherung der Daten nicht verbindlich genug geregelt sei - und sie forderten eine Einschränkung des Zugriffs auf die sensiblen Daten.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten