Neue EU-Digitalstrategie Geoblocking abschaffen, Onlinehandel vereinfachen

Die EU-Kommission präsentiert ihre lang erwartete Digitalstrategie. Laut dem Entwurf, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, will sie Lieferkosten senken, Ländersperren abschaffen und die US-Internetriesen stärker kontrollieren.
EU-Kommissionsvizepräsident Ansip: Quadratur des Kreises

EU-Kommissionsvizepräsident Ansip: Quadratur des Kreises

Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFP

Die Pläne der EU-Kommission für den digitalen Binnenmarkt sollen den EU-Bürgern viel Geld sparen. Die Verbraucher könnten 11,7 Milliarden Euro weniger pro Jahr ausgeben, wenn sie überall in Europa online die besten Angebote bekämen, heißt es in einem Strategiepapier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. Der Entwurf wird am Mittwoch von den EU-Kommissaren Andrus Ansip und Günther Oettinger in Brüssel vorgestellt.

Die Digitalstrategie ist einer der Schwerpunkte der Brüsseler Behörde für die kommenden Jahre. Sie soll dafür sorgen, dass die Europäer im Internet-Zeitalter mit Amerikanern und Chinesen mithalten können. Der Entwurf sieht folgende Neuerungen vor:

  • Onlinehandel: Die EU-Kommission verspricht, bis Ende des Jahres den Verbraucherschutz in Europa zu harmonisieren. Ganz unterschiedliche Regeln in den einzelnen EU-Ländern gelten als eines der Haupthindernisse für den internationalen Onlinehandel. Anbieter sollen sich auf ihre jeweils nationalen Gesetze berufen können, wenn sie ein paar verpflichtende europaweite Regeln beachten. Den grenzüberschreitenden Paketdiensten, die oft teuer sind und sehr lange für die Auslieferung brauchen, wollen Europas Beamte strenge Regeln auferlegen. Kleinen E-Commerce-Anbietern soll geholfen werden, indem die Abrechnung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in Europa vereinfacht wird.
  • Urheberrecht: Das Urheberrecht soll bis Ende des Jahres so harmonisiert werden, dass legal erworbene digitale Daten europaweit genutzt werden können. Gleichzeitig sollen die Rechte von Künstlern und anderen Inhalte-Anbietern umfänglich geschützt werden. Die Vorschläge sind noch reichlich vage, denn das Vorhaben gleicht einer Quadratur des Kreises. An der Modernisierung des Urheberrechts sind schon mehrere Vorgängerkommissionen gescheitert. EU-Kommissar Oettinger will es dennoch hinbekommen.
  • Geoblocking: Beim sogenannten Geoblocking, dass das Sperren bestimmter digitaler Inhalte in einzelnen EU-Ländern erlaubt, hat sich der estnische EU-Kommissionsvizepräsident Ansip gegen den Geoblocking-Freund Oettinger durchgesetzt. "Die Kommission wird Gesetzesvorschläge in der ersten Hälfte von 2016 vorlegen, die das ungerechtfertigte Geoblocking beenden", heißt es in dem Strategieentwurf.
  • US-Internetriesen: Die beiden EU-Kommissare kündigen an, die Rolle von Plattformen wie Google und Facebook kritisch zu untersuchen. "Die Kommission wird Ende 2015 eine umfängliche Bewertung der Rolle von Plattformen vornehmen", heißt es in ihrem Papier. Die Transparenz der Suchergebnisse soll höher werden. Was die oftmals amerikanischen Firmen mit den Daten ihrer Kunden machen, muss nach Ansicht der EU-Kommission geprüft werden.

Auch sonst fehlt es in dem Papier nicht an guten Vorsätzen, die in der Praxis schwierig umzusetzen sind. So verspricht die Kommission, sich in Europa für "wesentliche sektorale Standards" bei der Telemedizin, der E-Fracht oder der Umwelt einzusetzen. Vollmundig enden die Autoren mit dem Versprechen, dass die Strategie für den Digitalen Binnenmarkt "die europäische Gesellschaft so verändern soll, dass diese der Zukunft mit Vertrauen begegnen" kann.

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