Hass im Netz Facebook-Regulierung wird weniger hart als erwartet

Der Justizminister will bald sein Gesetz gegen Hassbotschaften auf Facebook und Co. vorstellen. Nach SPIEGEL-Informationen dürfte die Regulierung aber weniger hart ausfallen, als es mancher Koalitionskollege fordert.
Facebook-Logo

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Foto: Tobias Hase/ dpa

Erste Details legen nahe, dass das seit Langem angekündigte Gesetz von Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Hassbotschaften in sozialen Medien deutlich hinter den jüngsten Forderungen von Koalitionspolitikern zurückbleibt. Nach Informationen des SPIEGEL will Maas (SPD) weder eine neue Aufsichtsbehörde noch gar ein "Abwehrzentrum" schaffen, um gegen Hassbotschaften oder Fake News im Internet vorzugehen. (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

In dieser Woche wurde an dem Gesetzentwurf, der nach Angaben aus Ministeriumskreisen kommende Woche vorgestellt werden soll, noch immer gearbeitet. Das Ministerium fürchtet vor allem juristische Kollisionen mit bestehenden EU-Vorschriften.

Nach dem aktuellen Stand der Planungen will das Ministerium große soziale Netzwerke wie Facebook unter anderem zwingen, künftig vierteljährlich einen deutschsprachigen Rechenschaftsbericht im Bundesanzeiger und auf ihren jeweiligen Internetseiten zu veröffentlichen.

Heiko Maas

Heiko Maas

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Wer bekämpft den Hass?

Aus dem Bericht soll hervorgehen, wie viele Beschwerden mit welchen konkreten Vorwürfen die Anbieter erreichen und wie viele beanstandete Inhalte in welchem Zeitraum gelöscht werden. Zudem will Maas wohl, dass die Netzwerke künftig die Zahl ihrer Mitarbeiter in den zuständigen Abteilungen sowie deren Fach- und Sprachkenntnisse transparent machen. Auch über Schulung und psychologische Betreuung der Mitarbeiter, die oft sehr belastenden Inhalten ausgesetzt sind, müssten die Anbieter informieren.

Facebook wird immer wieder dafür kritisiert, dass seine Löschpraxis intransparent ist, und dass man praktisch nichts über die mit der Kontrolle der Inhalte beauftragten Mitarbeiter und Abteilungen erfährt.

Die geplante Veröffentlichungspflicht im Bundesanzeiger, dem Bekanntmachungsorgan der Bundesbehörden, würde dem Abhilfe schaffen. Zudem gäbe sie den Rechenschaftsberichten der Internetfirmen ein zusätzliches formales Gewicht. In der elektronischer Version des Anzeigers müssen viele Unternehmen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen.

Für Netzwerke mit zwei Millionen Mitgliedern

Die neuen Transparenz- und Rechenschaftspflichten sollen nach aktuellem Stand des Entwurfs offenbar für Netzwerke mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern gelten. Die Anbieter müssten künftig rechtswidrige Inhalte, die von Nutzern gemeldet werden, schneller und konsequenter sperren oder löschen als bislang.

Doch selbst zentrale Fragen scheinen noch nicht abschließend entschieden zu sein: etwa ob konkrete zeitliche Fristen vorgegeben werden sollen.

Jede Menge Forderungen

In der seit Monaten schwelenden Debatte hatte es aus der Regierungskoalition zahlreiche Forderungen und Vorstöße gegeben. So verlangte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im SPIEGEL, dass Facebook und Co. künftig Löschfristen von 24 Stunden einhalten sollten. Für Verstöße forderte er Bußgelder von bis zu 500.000 Euro pro Fall. Im Bundesinnenministerium hatte es Überlegungen gegeben, ein neues "Abwehrzentrum gegen Desinformation" zu schaffen.

Offenbar herrscht über den nun eingeschlagenen Kurs des Justizministeriums in der Großen Koalition alles andere als Einigkeit. CDU-Fraktionschef Volker Kauder hat Maas in dieser Woche in einem Schreiben aufgefordert, seinen eigentlich bereits für Februar angekündigten Entwurf, der noch vor der Bundestagswahl beschlossen werden soll, endlich vorzulegen. Zuvor hatte die neue Wirtschaftsministerin und Maas' SPD-Parteifreundin Brigitte Zypries für Irritationen gesorgt, indem sie vor einer zu harten und weitreichenden Regulierung der sozialen Netzwerke warnte.

Freuen können sich über diese Meinungsverschiedenheiten wohl vor allem Facebook und Co. Denn wenn nicht alle Signale täuschen, droht ihnen trotz aller anderen Ankündigungen und Drohgebärden mehr ein Gesetzchen als eine harte Regulierung.

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