Ole Reißmann

Flatrate-Drosselung Wie die Telekom das Zwei-Klassen-Netz durchsetzt

Die Telekom will von Internet-Vielnutzern künftig ein paar Euro mehr im Monat verlangen. Was zunächst vernünftig klingt, soll von der eigentlichen Debatte ablenken: Der Konzern arbeitet an der Einführung eines Zwei-Klassen-Netzes. Kassiert wird dann doppelt.
Telekom-Chef René Obermann (Archivbild): 10 bis 20 Euro mehr für Vielnutzer

Telekom-Chef René Obermann (Archivbild): 10 bis 20 Euro mehr für Vielnutzer

Foto: WOLFGANG RATTAY/ REUTERS

10 bis 20 Euro mehr im Monat sollen Nutzer künftig bei der Telekom bezahlen, wenn sie die versprochene Geschwindigkeit ihres Internetanschlusses wirklich nutzen wollen. Was im Mobilfunkmarkt längst üblich ist, gilt dann auch für herkömmliche Internetanschlüsse: Wo Flatrate draufsteht, ist keine Flatrate drin.

Vor allem aber lenken die zusätzlich zu zahlenden 10 bis 20 Euro, die Telekom-Chef René Obermann jetzt seinen Vielnutzern abknöpfen möchte, vom eigentlichen Kern der Auseinandersetzung ab. Vor der Hauptversammlung des Konzerns am Donnerstag kommt diese Beschwichtigung gerade richtig. Tatsächlich will das Unternehmen, das seit Ankündigung der Pläne im Netz als "Drosselkom" verspottet wird, aber nicht nur Vielnutzer zur Kasse bitten.

Der ehemalige Monopolist will vor allem ein Zwei-Klassen-Internet einführen, bei dem künftig nicht nur Nutzer, sondern auch Anbieter an die Telekom zahlen. Beim Internetsurfen, beim Anschauen von YouTube-Videos und Filmen von iTunes, läuft künftig für den Nutzer die Gebührenuhr. Ist eine bestimmte Menge an Gigabyte übertragen worden, soll die Geschwindigkeit drastisch reduziert werden.

Für das Multimedia-Angebot der Telekom, das über den gleichen Internetanschluss übertragen wird, gilt diese Datenbremse allerdings nicht. Die Nutzung von T-Entertain wird nicht auf das Datenvolumen angerechnet. Wäre ja auch dumm, wenn man so viel im Internet geklickt hat, dass das kostenpflichtige Fernsehprogramm nicht mehr funktioniert.

Andere Anbieter von Multimediaprogrammen, beispielsweise Amazons Lovefilm, haben Pech. Doch es gibt einen Ausweg: einen Deal mit der Telekom, um Platz im T-Entertain-Angebot zu bekommen. Beim Mobilfunk gibt es eine solche Kooperation schon: Wer über die Telekom Spotify bucht, kann den Musikdienst nutzen, ohne dass der Datenverbrauch dem Nutzer berechnet wird. Die Spotify-Konkurrenz, die keinen Deal mit der Telekom hat, wird hingegen voll auf das Datenvolumen angerechnet - und irgendwann ausgebremst.

Künftig will die Telekom doppelt verdienen. Die 10 bis 20 Euro monatlich, die Vielnutzer nun zusätzlich zahlen sollen, sind nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich geht es der Telekom darum, künftig auch von Anbietern für die Datendurchleitung zu kassieren. Gab es bisher eine Datenautobahn für alle, gibt es dann künftig zwei Wegenetze. Das ist dann der Abschied von der Netzneutralität, der finanzkräftige Unternehmen bevorzugt.

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