Frankreich Google zahlt für Durchleitung von YouTube-Videos

Die Kunden des französischen Providers Orange rufen häufig YouTube-Videos auf, die Datenpakete machen einen Großteil des Traffics aus. Nun prahlt Orange-Chef Stéphane Richard: Man habe Google dazu gebracht, für den Datenverkehr Geld zu zahlen.
Orange-Geschäft (Archivbild): Geld von Google

Orange-Geschäft (Archivbild): Geld von Google

Foto: Carl Court/ AFP

Er spricht von einem "Kräftegleichgewicht": Der Chef der France Télécom, Stéphane Richard, hat in einem Interview von einem Geschäft mit Google gesprochen - und dass der Provider Geld von Google für die Durchleitung von Daten bekommt. Diese Bemerkung gegenüber BFM Business TV  bestätigte der Konzern anschließend dem Onlinedienst The Register  nochmals: Google zahlt.

Die France Télécom ist offenbar mächtig stolz auf das Geld von Google. Wie viel der Konzern dem Provider überweist, sagte Richard in dem Interview aus der vergangene Woche nicht. Für rund die Hälfte des Datenverkehrs im Netz von Orange sollen Google und YouTube verantwortlich sein. Den Angaben zufolge soll Oranges Stellung in Afrika ein wichtiger Grund für das Geschäft gewesen sein.

Bisher haben es Provider wohl nicht geschafft, für die Durchleitung von großen Datenmengen, etwa von Online-Videotheken wie Netflix, Geld zu bekommen . Auf dem Gipfel der Fernmeldeunion ITU im Dezember hatten europäische Provider versucht, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Sie wollten für die garantierte Datendurchleitung Gebühren verlangen können.

Zuletzt hatte ein Mitbewerber von Orange in Frankreich für Aufsehen gesorgt: Der Provider Free hatte begonnen, seinen Kunden Werbeanzeigen nicht auszuliefern. Das kurze Intermezzo wurde als Affront gegen Google gewertet, Free-Chef Xavier Niel hatte gewettert, dass Google und YouTube zu Spitzenzeiten die Bandbreite erschöpften, der Provider aber auf den Kosten für den Netzausbau sitzenbleibe.

Muss der Absender künftig Porto zahlen?

Der ist auch nötig. Vor zwei Jahren klagten zum Beispiel Telekom-Kunden über ruckelnde YouTube-Videos. Der Provider erklärte, dass die Nachfrage nach YouTube-Videos "explodiert" sei und kündigte an, die Kapazitäten verdreifachen zu wollen. Dieser Ausbau kostet, und die Provider wollen, dass die Anbieter der Inhalte sich daran beteiligen.

Der Vorschlag der Provider: Qualitätsklassen, alle Datenpakete werden übertragen, einige davon aber besonders schnell. Oder besser gesagt: Ein Zwei-Klassen-Internet, bei dem die Daten mal so schnell unterwegs sind wie ein Regionalexpress, mal wie ein ICE, je nach Fahrkarte.

Wenn sich ein Großkonzern schnelle Datenverbindungen zu den Kunden kaufen kann, sind allerdings kleinere Firmen im Nachteil. Erdacht wurde das Internet mit einem anderen Prinzip: Die Daten sollten gleichberechtigt übertragen werden, das Netz soll "neutral" sein. Bisher sind Anläufe, dieses Prinzip in Deutschland rechtlich zu verankern, allerdings gescheitert.

Tatsächlich wird die Netzneutralität längst unterlaufen. Zum einen sorgen große Firmen dafür, dass ihre Daten oder die Daten ihrer Kunden gar nicht erst durch viele Netzwerke wandern müssen, bis sie die Nutzer erreichen. Sie stellen eigene Leitungen und Datenzentren möglichst in die Nähe der Nutzer. Außerdem gibt es Angebote wie das der Telekom, bei dem Mobilfunkkunden den Musikdienst einer anderen Firma dazubuchen können - die dabei anfallenden Daten werden nicht auf das monatliche Datenvolumen angerechnet.

Google hat bis zum Erscheinen dieses Artikels Fragen zu Abkommen mit Providern nicht beantwortet.

ore
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