Gerüchte Apple soll eine Überprüfung durch Kartellbehörden drohen

Es ist die Nachricht, auf die die IT-Welt eigentlich seit Jahren wartet: US-Medien berichten, dass die US-Handelsaufsicht FTC eine kartellrechtliche Überprüfung von Apple erwäge. Anonymen Quellen zufolge bestehe ein Zusammenhang mit Steve Jobs Kampagne gegen den Konkurrenten Adobe.
Steve Jobs: Wer Inhalte für Apple-Geräte produziert, soll das mit Apple-Werkzeugen tun

Steve Jobs: Wer Inhalte für Apple-Geräte produziert, soll das mit Apple-Werkzeugen tun

Foto: JUSTIN SULLIVAN/ AFP

Wer für iPhone und iPad Applikationen programmieren will, darf dies ausschließlich unter Verwendung von Werkzeugen und Programmen tun, die Apple zur Verfügung stellt. Sagte kürzlich Apple-Chef Steve Jobs und zielte damit einmal mehr auf das Unternehmen Adobe, dessen Flash-Programme Jobs weder auf den Mobilgeräten seines Unternehmens sehen, noch als Werkzeuge bei der Produktion von Software für seine Geräte tolerieren will.

Damit schreibt Apple seinen Partnern nicht nur vor, was sie für Apple-Geräte produzieren dürfen und was nicht, sondern auch, womit sie das tun. Das aber, berichtete die "New York Post" mit Bezug auf anonyme Quellen, habe nun die schlafenden Hunde der US-Kartellaufsicht geweckt. Laut "New York Post"  stritten derzeit Vertreter der Handelsaufsicht FTC mit Vertretern des Justizministeriums darüber, wer eine kartellrechtliche Überprüfung des Konzerns aus Cupertino einleiten solle. Beide Behörden sind in den USA für kartellrechtliche Fragen zuständig.

Nun ist die "New York Post" normalerweise nicht gerade eine Postille für Wirtschafts- oder Technologienachrichten. Es ist also eher die Plausibilität des Gerüchtes, die so gut wie alle US-Medien vom "Wall Street Journal" bis zum kleinsten Tech-Blog bewegt, ihm zu folgen.

Glaubhaft, denn Apple agiert ungewöhnlich aggressiv

Denn Apple ist notorisch bekannt dafür, die Nutzungsbedingungen seiner Produkte bis ins letzte auszudefinieren. Apple bestimmte über Jahre, welche Formate auf seinen mobilen Musikplayern laufen durften und welche nicht, mit dem iPhone und iPad hält es Apple heute genauso. Es diktierte Produzenten die Preise für ihre Waren, wenn diese sie über Apples Downloadshops verkaufen wollten. Sein Geschäftsmodell basiert auf der Grundidee, verschiedene Hardware aufs engste mit eigener Software zu verknüpfen und wo immer möglich, nichts anderes zuzulassen. Lauter kleine Steilvorlagen für die Neugier von Kartellwächtern.

Zugute kam Apple bisher, dass das Unternehmen über Jahre eine Art edles Underdog-Image pflegen konnte: Die Branchenriesen hießen IBM, Microsoft, HP, oder auch Nokia, Acer und Samsung. Auf dem Betriebssystemmarkt galt Apple einst als letzter nennenswerter Konkurrent für Microsoft. Das ging soweit, dass Microsoft einst Apple aktiv unterstützte, um ein eigenes Monopol zu verhindern - denn Microsoft hatte die Kartellwächter über Jahre im Nacken, sah sich Ende der Neunziger sogar bedroht, zerschlagen zu werden.

Apple mauserte sich derweil zu einem gesunden, höchst profitablen Unternehmen, das in seinen alten Kernmärkten aber nie Marktanteile über zehn Prozent ergattern konnte.

Underdog? Das ist vorbei: Apple setzt Maßstäbe und diktiert Regeln

Inzwischen, seit dem Beginn des iPod-Siegeszuges ab 2001, sieht das deutlich anders aus. Die "New York Post" beschreibt das so: "Nach Jahren, in denen Apple-Chef Steve Jobs der kleine Kerl war, der Washington dafür einspannte, die Goliaths vom Schlage Microsoft abzuwehren, ist Jobs dabei zu erfahren, wie sich das anfühlt, wenn man auf der anderen Seite steht."

Das ist sehr salopp, aber durchaus treffend: Aus dem kreativen David Apple ist ein aggressiv auftrumpfender Goliath geworden.

Den Online-Musikmarkt dominiert Apple weltweit. Mit dem iPhone setzte die Firma nicht nur Trends, sondern auch Partner unter Druck: Mobilfunkunternehmen müssen erhebliche Zugeständnisse machen, wenn sie zu Vertriebspartnern werden wollen - Preisvorgaben inklusive. Vom iPad wird nun erwartet, dass der Tablet PC den Markt für Download-Videos und E-Books aufrollen könnte. Interessant für die Kartellwächter ist laut "Wall Street Journal"  hier auch, das Apple soeben seine Bedingungen für Datenweitergaben von iPhone und iPad so verändert hat, dass es für Partnerunternehmen durch einen Mangel an verfügbaren Kundendaten erschwert wird, zielgerichtete Werbung zu schalten. Das will Apple nämlich selbst übernehmen - und diktiert der werbetreibenden Wirtschaft auch hier Konditionen, die mit allen bisher üblichen Konventionen brechen.

Wie üblich kommentiert Apple weder die Berichte noch die Gerüchte, und auch die FTC hält sich bedeckt. Das "Wall Street Journal" verzichtet trotzdem weitgehend auf den Konjunktiv, zitiert Zulieferer und Geschäftpartner, die sich von Apple gegängelt fühlen und Konkurrenten wie Adobe, die dem Unternehmen unfaire Geschäftsgebahren vorwerfen.

Die Eröffnung eines Prüfverfahrens gegen Apple, so das Verdikt der renommierten Finanzzeitung, sei "wahrscheinlich". Das aber, bremst ausgerechnet die sonst so schrille "New York Post", heiße noch nicht zwangsläufig, dass eine Überprüfung auch in ein Kartell-Verfahren gegen Apple münde. Wohl wahr, außerdem mahlen die Mühlen der Behörden auch in den USA so gründlich wie langsam: Microsofts Kartellprozess zog sich von der ersten Prüfung bis zum letzten Scharmützel über satte zehn Jahre.

pat
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