Suchmaschinen-Geschäft EU-Kommission wirft Google unfairen Wettbewerb vor

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager: Neuer Anlauf gegen Google
Foto: Julien Warnand/ dpaDie EU-Kommission wirft Google unfairen Wettbewerb vor und wird deshalb mit einer formellen Beschwerde gegen den US-Suchmaschinengiganten Google vorgehen. Ein solcher Vorstoß hatte sich in den letzten Tagen durch Medienberichte und Politiker-Äußerungen angedeutet, jetzt ist er offiziell.
Google kündigte an, sich gegen die EU-Beschwerde zu wehren. Behauptungen über Schäden für Verbraucher und Konkurrenten hätten sich als "weit neben der Spur" erwiesen, teilte der US-Internetkonzern mit. "Während Google die meistbenutzte Suchmaschine sein mag, können die Leute Informationen auf zahlreiche verschiedene Weisen finden und darauf zugreifen", hieß es in dem Blog der Firma .
Die Kommission befürchtet, dass Google seinem eigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping einen unfairen Vorteil verschafft habe, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Das Verhalten verstoße nach vorläufigen Ergebnissen gegen EU-Kartellrecht, da es den Wettbewerb behindere und Verbrauchern schade.
"Wir wollen, dass die Verbraucher bei einer Suchanfrage die besten Suchergebnisse präsentiert bekommen", sagte Vestager. In Googles Such-Algorithmus oder ins Screen-Design wolle sich die Kommission dabei nicht einmischen. Für eine Antwort auf die offizielle Beschwerde sollen Google zehn Wochen Zeit bleiben.
Untersuchung von Android eingeleitet
Außer mit Google Shopping will sich die EU-Kommission künftig auch mit dem von Google betriebenen Mobil-Betriebssystem Android auseinandersetzen, das mit Abstand den größten Marktanteil im Smartphone-Geschäft hat. Diese jetzt eingeleitete Untersuchung ist aber unabhängig vom Suchmaschinen-Verfahren.
Mit dem Vorwurf des Machtmissbrauchs sieht sich Google seit Jahren konfrontiert. Mehrere Unternehmen hatten sich über den Konzern beschwert, darunter die Online-Reiseanbieter Expedia und TripAdvisor. Die Kritik an den Suchergebnissen bezieht sich zum Beispiel auf Reisebuchungsdienste und Restaurantbewertungen. Die Kommission schafft mit ihrer Beschwerde gegen den Preisvergleichsdienst nun einen Präzedenzfall, der auch andere Google-Dienste betrifft.
Google droht eine Milliardenstrafe
Die EU hatte bereits Ende 2010 eine Untersuchung wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen gegen Google eröffnet. Der Konzern sagte im vergangenen Jahr zu, Ergebnissen konkurrierender Dienste mehr Platz einzuräumen und eigene Angebote klarer zu kennzeichnen. Vestagers Vorgänger, der frühere Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, wollte das Verfahren daraufhin eigentlich einstellen.
In der Kommission gab es jedoch Widerstand gegen diesen Plan. Vielen Google-Konkurrenten und Unternehmen aus der Medienbranche gingen die Zugeständnisse nicht weit genug.
Der Internet-Konzern hat im Suchmaschinen-Geschäft in Europa einen Marktanteil von 90 Prozent. "Dominanz an sich ist kein Problem", betonte Wettbewerbskommissarin Vestager. Dominierende Unternehmen hätten aber die Verantwortung, ihre Position nicht auszunutzen, indem sie den Wettbewerb behindern.
Bußgeld in Milliardenhöhe möglich
In einem Wettbewerbsverfahren in der EU können Strafen in Höhe von maximal bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens ausgesprochen werden. Google setzte 2014 ungefähr 66 Milliarden Dollar um. Gegen eine etwaige Strafe könnte Google noch gerichtlich vorgehen. Im Laufe des Verfahrens kann es auch zu einer Einigung kommen.
In einem ähnlichen Verfahren hatte Microsoft 2009 einen Kompromiss mit der EU ausgehandelt: Um weitere Strafzahlungen aus Brüssel abzuwehren, verpflichtete Microsoft sich damals, Windows-Nutzern neben dem Internet Explorer noch weitere Webbrowser zur Installation anzubieten. Trotzdem wurde der Konzern in mehreren Verfahren zu unterschiedlichen Themen zu Strafzahlungen in Höhe von weit über 1,6 Milliarden Euro verpflichtet.
Interner Brief im Netz
Das Onlinemagazin "Re/code" hat am Dienstag ein internes Schreiben des Google-Chefjustiziars Kent Walker zum Thema veröffentlicht . Walker zeigt sich darin enttäuscht, weist aber darauf hin, dass Google starke Argumente auf seiner Seite habe.
So sei der Wettbewerb stärker geworden: "Die Konkurrenz ist nur einen Klick entfernt - und sie nimmt zu." Nutzer würden sich heutzutage zum Beispiel auch in sozialen Netzwerken über Restaurant- oder Kinoangebote informieren. Zudem werde immer mehr Zeit mit Apps auf Mobilgeräten verbracht.
Walker betont zudem, dass das sogenannte Statement of Objections der EU-Kommission zunächst vorläufig sei. Google habe jetzt die Möglichkeit, Stellung zu den darin formulierten Beschwerdepunkten zu beziehen. Es könne passieren, dass sich dieses "hin und her" über ein oder zwei Jahre hinzieht. Manch anderer Fall habe damit geendet, dass die EU-Kommission ihre Beschwerden anpasste oder auch entschied, dass keine Rechtsverletzung vorliegt.