Streit über Infoboxen
Gericht untersagt vorläufig Zusammenarbeit von Google und Gesundheitsministerium
Ist es in Ordnung, dass das Gesundheitsministerium mit Google kooperiert, um ein eigenes Gesundheitsportal bekannt zu machen? Ein Münchner Gericht sieht in dem Vorgehen einen Kartellrechtsverstoß.
Gesund.Bund.de: Manche Medienunternehmen ärgern sich über die Zusammenarbeit des Portals mit Google
Foto: gesund.bund.de
Das Landgericht München I hält eine Zusammenarbeit des Bundesgesundheitsministeriums mit dem Internetkonzern Google rund um das Gesundheitsportal Gesund.Bund.de für kartellrechtswidrig und hat sie vorläufig untersagt. Geklagt hatte der Medienkonzern Hubert Burda Media über seine Tochterfirma NetDoktor. Es handelte sich um zwei Anträge auf einstweilige Verfügungen. NetDoktor ist ebenfalls ein Gesundheitsportal, ein Großteil seiner Besucher kommt durch Google-Suchanfragen auf die Seite.
Im Mittelpunkt des Streits stehen Infoboxen. Bei Google-Suchen, etwa zu Krankheiten oder Beschwerden, werden im Umfeld der ersten Suchergebnisse Informationen von Gesund.Bund.de in Form einer solchen Box angezeigt. Und zwar samt Verlinkung auf jenes Portal, das vom Bundesgesundheitsministerium verantwortet wird. Auf die Boxen stößt zum Beispiel, wer nach »Coronavirus« oder »Migräne« googelt.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Zusammenarbeit des Portals mit dem US-Internetkonzern im Herbst vorgestellt. Die Corona-Pandemie zeige, wie wichtig seriöse Gesundheitsinformationen seien, so Spahn damals.
Manche Medienunternehmen, so wie Burda, sehen durch die prominente Einbindung der Inhalte von Gesund.Bund.de bei Google ihre Position geschwächt und befürchten Nachteile. Verschiedene Verlage setzen hierzulande auch auf das Geschäft mit Gesundheitsportalen im Netz sowie auf Zeitschriftenmarken mit Gesundheitsthemen. Von der Zusammenarbeit mit Google erwartete sich Spahn einen Bekanntheitsschub für Gesund.Bund.de.
»Eine Beschränkung des Wettbewerbs«
Die Vorsitzende Richterin Gesa Lutz begründete die noch nicht rechtskräftigen Urteile nun damit, dass das Gesundheitsministerium mit Google eine Vereinbarung eingegangen sei, »die eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale bewirkt«. Der Betrieb des nationalen Gesundheitsportals sei eine wirtschaftliche Tätigkeit, die anhand des Kartellrechts zu prüfen sei.
Die bestmögliche Position auf der Ergebnisseite der Google-Suche, »nämlich die neu geschaffene, prominent hervorgehobene Position ›0‹ in der Infobox« stehe privaten Anbietern von Gesundheitsportalen von vornherein nicht zur Verfügung, so die Richterin.
Die Sichtbarkeit der Onlineinhalte von NetDoktor werde im Zuge dessen stark eingeschränkt, weil die Infoboxen »die Aufmerksamkeit der Nutzer von den allgemeinen Suchergebnissen ablenken und auf sich ziehen«. Das Informationsbedürfnis der Nutzer werde so vielfach bereits gestillt: »Dies führt zu einer Verringerung des Nutzeraufkommens bei NetDoktor und damit potenziell auch zu einem Verlust von Werbeeinnahmen, mit denen NetDoktor als privater Anbieter sein Portal finanziert.«
Es geht um sogenannte Knowledge Panels
Das Gericht gab den Eilanträgen auch deshalb statt, weil NetDoktor seit Beginn der Kooperation des Ministeriums mit Google bereits geringere Klickraten bei einigen besonders häufig gesuchten Krankheiten zu verzeichnen hatte.
Google nennt die Boxen, um die es geht, Knowledge Panels. Sie kommen nicht nur bei Gesundheitsthemen zum Einsatz und Google nutzt außer Gesund.Bund.de auch andere Quellen, um die Boxen zu bestücken.
Das Landgericht München I betont in seiner Pressemitteilung, dass seine Kammer nicht über die Frage der Zulässigkeit des nationalen Gesundheitsportals Gesund.Bund.de als solches entschieden habe. Ein hierauf zielender Antrag sei von NetDoktor zurückgenommen worden.