Konzern in der Kritik Das sind Googles Gegner in Europa

Google-Niederlassung: Politiker und Firmen arbeiten sich ab
Foto: CorbisEtwas im Internet suchen? Für die meisten Menschen bedeutet das: googeln. In Deutschland hat Google einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent . Doch Beliebtheit und Marktmacht der Suchmaschine wecken auch Misstrauen und Begehrlichkeiten. Die Schlagzeilen der letzten Monate jedenfalls wecken den Eindruck, dass Google in Europa derzeit mehr denn je in der Kritik steht.
Politiker, Unternehmer und Datenschützer greifen den Konzern gefühlt im Wochentakt an, mit Zeitungskommentaren, Beschwerden, Kampagnen. Und dann gab am Dienstag noch der Europäische Gerichtshof sein Suchmaschinen-Urteil bekannt - eine richtungsweisende Entscheidung, die Google mindestens eine Menge bürokratischen Aufwand beschert.
Hier eine Übersicht, wer gerade auf Google losgeht - und warum:
- Europäischer Gerichtshof: In einem überraschenden Urteil hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag entschieden, dass Google und andere Suchmaschinen unter bestimmten Umständen Links löschen müssen - unabhängig davon, ob die beanstandete Information an anderer Stelle weiter im Netz steht. Als Marktführer dürfte auf Google eine Flut von Löschanträgen zukommen, darunter wohl auch Beschwerden um der Beschwerde willen. Am Donnerstag gab Google zunächst bekannt, an einem Verfahren für Löschanträge zu arbeiten. "Die Umsetzung ist kompliziert, sie bedarf gründlicher Prüfung, nicht zuletzt wegen der vielen Sprachen, die hier betroffen sind", sagte ein Sprecher. Bis zu einem praktikablen Mechanismus könne es mehrere Wochen dauern.
- Gericht in Deutschland: Schon vor dem EuGH-Urteil haben europäische Gerichte in Verfahren gegen Google entschieden. So entschied etwa das Langericht Hamburg Anfang 2014, dass Google sechs heimlich aufgenommene Sexfotos von Ex-Motorsportboss Max Mosley nicht weiter verbreiten darf. Im Mai 2013 hatte der Bundesgerichtshof klargestellt, dass Suchmaschinen Wortkombinationen aus ihrer automatischen Vervollständigung streichen müssen, wenn sie erfahren, dass diese Persönlichkeitsrechte verletzen.
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Verlagsbranche: Zahlreiche Verlage haben sich in den vergangenen Jahren dafür starkgemacht, Regeln und Gesetze anzustoßen, mit denen sich Google zur Kasse bitten lässt, wenn das Unternehmen Presseartikel in seinen Diensten verwendet. In Deutschland zum Beispiel wurde infolge der Lobbybemühungen das Leistungsschutzrecht durchgesetzt. Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner warf Google im April per offenem Brief vor, einen "Supra-Staat" zu errichten .
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Wettbewerbshüter: Schon seit 2010 ermittelt die EU-Kommission gegen Google wegen des Vorwurfs, der Konzern manipuliere Suchergebnisse zu seinen Gunsten. Dabei sollen Ergebnisse spezialisierter Suchdienste, die das Unternehmen selbst betreibt, weit oben und herausgehoben angezeigt werden. Die Spezialsuchdienste finden etwa Hotels, Restaurants oder Flugreisen. Google hat gegenüber der EU-Kommission bereits Zugeständnisse angekündigt, mit einer Entscheidung der Kommission wird für den Sommer gerechnet.
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Europäische Konkurrenten: Einen härteren Umgang mit Google fordern von der EU-Kommission vor allem Firmen, die in verschiedenen Geschäftsfeldern mit dem US-Konzern konkurrieren. Jüngst wurde bekannt, dass sich ein Bündnis aus 400 europäischen Internetakteuren, das "Open Internet Project", bei der Kommission über Google beschweren will. Die Zugeständnisse, die Google angekündigt hat, gehen dem Bündnis nicht weit genug. Angeblich würden sie Googles Dominanz auf dem Online-Markt nur noch verstärken.
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Politik: Forderungen, Google in die Schranken zu weisen, sind unter Politikern schon länger beliebt. Als Reaktion auf das Suchmaschinen-Urteil mischte sich zuletzt Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in die Debatte über den Umgang mit Google ein. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schrieb er, das Wirtschaftsministerium und das Bundeskartellamt prüften, ob ein Unternehmen wie Google seine marktbeherrschende Stellung missbrauche, um Wettbewerber systematisch zu verdrängen: "Eine Entflechtung, wie sie bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde, muss dabei ernsthaft erwogen werden."
Im April hatte der frühere Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im "Handelsblatt" einen Gastbeitrag mit dem Titel "Zerschlagt Google!" veröffentlicht. Darin finden sich Sätze wie: "Die neuen, digitalen Feudalherren erheben moderne Brückenzölle von Unternehmen, die auf die Suchmaschinen oder die App-Stores angewiesen sind. Die Verlage oder die Musikindustrie können heute schon ein Lied davon singen. Andere Branchen bis hin zu unserer stolzen und erfolgreichen Autoindustrie werden folgen."
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Datenschützer: Mit den Datenschutzbeauftragten verschiedener Bundesländer liegt Google nicht nur wegen der Datenbrille Glass im Streit, die Schleswig-Holsteins Beauftragter Thilo Weichert Ende April als "Waffe zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten " bezeichnete. Diese Woche wurde bekannt, dass der Hamburger Beauftragte, Johannes Caspar, erneut gegen Google vorgehen will . Er fordert das Unternehmen auf, seinen Umgang mit Nutzerdaten zu ändern.
Auch in anderen europäischen Ländern hat Google immer wieder Ärger mit Datenschützern. In Italien etwa zahlte das Unternehmen kürzlich eine Million Euro Bußgeld wegen eines Falls, der den Panoramadienst Street View betraf.