Staatliche Überwachung
Google warnt vor den Gefahren der Gesichtserkennung
Ohne ethische Fragen geklärt zu haben, will Google seine Gesichtserkennungs-Software nicht freigeben. Microsoft und Amazon hingegen verdienen schon an der Technik. Amazons Ideen gehen sogar noch viel weiter.
Fußballfans protestieren gegen das Projekt "Parallele Gesichtserkennung in Videoströmen".
Foto: Uli Deck/ dpa
Nun reiht sich auch Google ein in die Riege jener Tech-Konzerne, die vor unerwünschten Folgen der Gesichtserkennung warnen. Das Unternehmen teilte in einem Blogbeitrag mit, dass es zunächst darauf verzichten wolle, die eigene Software zur Gesichtserkennung für die Öffentlichkeit freizugeben.
Die Technologie müsse zunächst vorsichtig geprüft werden, damit "ihr Einsatz mit unseren Prinzipien und Werten übereinstimmt und Missbrauch sowie schädliche Folgen vermieden werden", schreibt Kent Walker, Leiter der Rechtsabteilung von Google. Mit einem Seitenhieb gegen die Konkurrenz kündigt Walker an, die Gesichtserkennung zunächst nicht kommerziell anzubieten. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen wolle man zunächst "wichtige technische und politische Fragen klären".
Bürgerrechtler der American Civil Liberties Union (ACLU) bezeichnen die Ankündigung als einen "starken ersten Schritt". Damit habe der Konzern gezeigt, dass er einen moralischen Kompass besitze. "Wir werden unseren Aufruf an Amazon und Microsoft erneuern, ihre gefährliche Gesichtsüberwachung nicht weiter der Regierung anzubieten."
Amazons Überwachungs-Patentantrag
Diesen beiden Unternehmen gilt auch der Seitenhieb von Google. Denn beide Konzerne haben ihre Gesichtserkennungs-Software für Kunden freigegeben, um Geld damit zu verdienen. Microsoft warnte vor Kurzem zwar ebenfalls vor den Risiken durch Technik wie eben Gesichtserkennung, die auf maschinellem Lernen beruht, bietet entsprechende Software aber längst an: Kunden können auf die Azure-Schnittstelle zugreifen und Gesichtserkennung zu Spottpreisen nutzen.
Einem Patentantrag zufolge denkt Amazon sogar über eine weitergehende Privatisierung der Videoüberwachung nach: Die ACLU hatte am Mittwoch die Pläne einer vernetzen Türklingel mit Kamera veröffentlicht. Demnach will Amazon damit alle Passanten filmen lassen, die an der Haustür vorbeilaufen. Die Gesichter sollen mit einer Datenbank abgeglichen werden, damit sowohl dem Hausbesitzer, als auch der Polizei verdächtige Personen gemeldet werden.
Laut ACLU könne das dazu führen, dass Amazon mit solchen Geräten und den Servern, die sie Strafverfolgern anbieten, "alle Teile eines Überwachungsnetzwerks zusammenbaut, das von der Regierung bis zur Haustür reicht".
FILE PHOTO: A Google logo is seen at the companys headquarters in Mountain View, California, U.S., November 1, 2018. REUTERS/ Stephen Lam - RC1D55999C70/File Photo
Foto: Stephen Lam/ REUTERS
Doch auch Google hat in der Vergangenheit nicht unbedingt nach den Werten gehandelt, die das Unternehmen jetzt propagiert. So ließ Google einen Vertrag mit dem US-Militär erst auf Druck der eigenen Mitarbeiter auslaufen. Google hatte mit selbst lernender Software (künstliche Intelligenz oder kurz KI genannt) die Aufnahmen von Drohnen automatisiert ausgewertet.
Kein Opt-out möglich
Ohne Regeln geht es nicht, dieser Meinung sind auch Wissenschaftler der New York University am AI Now Institute. In ihrem Jahresbericht (PDF) fordern die Forscher, dass derartige Technologie gesetzlich strenger reguliert wird und Firmen intern die Entwicklung nach ethischen Grundsätzen überwachen sollen. Damit sollen ein Überwachungsstaat und die Diskriminierung vor allem von Frauen und Nichtweißen verhindert werden.
Grundsätzlich empfehlen die Forscher, dass jeder die Chance haben sollte, sich einer automatischen Erfassung und Analyse zu verweigern. Doch systembedingt werden zunächst immer alle Gesichter gefilmt. Erst im nächsten Schritt könnte eine Software erkennen, dass eine Person nicht analysiert werden will.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Fußballfans protestieren gegen das Projekt "Parallele Gesichtserkennung in Videoströmen".
Foto: Uli Deck/ dpa
FILE PHOTO: A Google logo is seen at the companys headquarters in Mountain View, California, U.S., November 1, 2018. REUTERS/ Stephen Lam - RC1D55999C70/File Photo