Online-Offensive Große Koalition will schnelles Internet massiv ausbauen

Milliarden für den Breitbandausbau und Netzneutralität per Gesetz: In einer Großen Koalition wollen sich Union und SPD offenbar verstärkt um die Internetversorgung kümmern. Das wird auch höchste Zeit.
DSL-Anschluss: Politiker von Union und SPD wollen Tempo machen

DSL-Anschluss: Politiker von Union und SPD wollen Tempo machen

Foto: Frank Rumpenhorst/ dpa

Offenbar will die Große Koalition Ernst machen mit Netzpolitik: Vertreter von Union und SPD streben zumindest einen massiven Ausbau der Breitbandverbindungen an. Die Koalitionsarbeitsgruppe Wirtschaft hat sich nach Angaben von Teilnehmern auf einen ehrgeizigen Ausbau auch in ländlichen Gebieten geeinigt. Dazu soll der Bund jährlich eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung stellen.

Der CDU-Politiker Mike Mohring bestätigte die Absprache. "Darüber sind wir uns mit der SPD in der Arbeitsgruppe bereits einig", sagte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in Thüringen, der der Arbeitsgruppe angehört, am Sonntag. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe Wirtschaft sollen am Dienstag in der großen Koalitionsrunde diskutiert werden.

Eine große Koalition soll nach dem Willen der Wirtschaftspolitiker von Union und SPD sicherstellen, dass bis 2014 mindestens 75 Prozent aller Haushalte in Deutschland einen Internetanschluss mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde haben. Bis 2018 soll es eine flächendeckende Abdeckung geben. Es dürfe keine digitale Spaltung zwischen Stadt und Land geben. Die schwarz-gelbe Koalition hatte den Breitbandausbau jahrelang verschlafen.

Neben privaten Investitionen, der massiven Aufstockung der Bundesförderung und einer vereinfachten EU-Förderung soll es zudem ein neues Sonderfinanzierungsprogramm "Premiumförderung Netzausbau" bei der staatlichen Förderbank KfW geben. Zudem soll ein "Breitband-Bürgerfonds" aufgelegt werden, bei dem Privatpersonen den Ausbau mit entsprechenden Renditen für ihre Geldanlage unterstützen können. Ähnliche Ideen gibt es bereits für den Ausbau der Stromtrassen.

Der Breitbandausbau soll zudem als sogenannte Daseinsvorsorge im EU-Binnenmarkt betrachtet werden, bei dem gerade kommunale und regionale Betriebe von bestimmten wettbewerbsrechtlichen Regeln ausgenommen werden. Diese Sonderbehandlung für den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten hatte vergangene Woche bereits der bayerische Finanzminister Markus Söder gefordert. Union und SPD haben sich in der großen Koalitionsrunde schon für einen generellen Ausbau des Schutzes kommunaler Unternehmen ausgesprochen.

Verbindliche Regeln für neutrales Netz

Ausdrücklich bekennen sich Union und SPD zur sogenannten Netzneutralität. Diese bedeutet, dass Telekommunikationsfirmen wie die Deutsche Telekom nicht unterschiedliche Verbindungsstandards zu unterschiedlichen Preisen einführen dürfen. Die Netzneutralität soll als Regulierungsziel im Telekommunikations-Gesetz "verbindlich" geregelt und definiert werden. Die Bundesnetzagentur soll zur Überwachung dieser Regeln neue Kompetenzen erhalten.

Das dürfte der Telekom nicht gefallen: Der Konzern arbeitet an der Einführung eines Zwei-Klassen-Internets, um sowohl Nutzer als auch Anbieter stärker als bisher zur Kasse bitten zu können. So will die Telekom über dieselbe Internetverbindung nicht nur herkömmliches Internet anbieten, sondern seinen eigenen Multimedia-Dienst T-Entertain. Dort sollen sich offenbar auch andere Anbieter einkaufen können.

Während das herkömmliche Internet nach einer bestimmten Datenmenge gedrosselt wird, werden die Daten bei T-Entertain weiterhin mit der gewohnten Geschwindigkeit übertagen. Ein Gericht hat der Telekom allerdings gerade erst untersagt, Internet-Flatrates nach dem Verbrauch einer bestimmten Datenmenge zu drosseln. Die Telekom will dieses Urteil allerdings anfechten.

Im Mobilfunk ist es um die Netzneutralität schon geschehen: Die Telekom bietet Kunden an, den Musikdienst Spotify dazuzubuchen. Die anfallenden Daten werden nicht abgerechnet. Nutzt man das Musikstreaming eines alternativen Anbieters, schmilzt hingegen das verfügbare Datenvolumen.

Union und SPD fordern zudem, dass das Telekommunikations-Gesetz zu einem "Internet-Gesetzbuch" ausgebaut wird. Darin sollen dann auch Fragen wie der Verbraucherschutz und die Sicherheit im Internet Eingang finden.

ore/Reuters
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