Christian Stöcker

BfV-Chef Maaßen über Snowden Der oberste Verfassungsschutz-Schützer

Die Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist es, Schaden von der Demokratie abzuwenden. Aber Geheimdienstchef Maaßen fühlt sich von demokratischer Kontrolle seiner Arbeit vor allem gestört.
BfV-Chef Hans-Georg Maaßen im NSA-Untersuchungsausschuss

BfV-Chef Hans-Georg Maaßen im NSA-Untersuchungsausschuss

Foto: Rainer Jensen/ dpa

Es ist bei Hans-Georg Maaßen manchmal nicht leicht zu erkennen, auf welcher Seite er steht. Dabei sollte das schon von Amts wegen klar sein: Die Aufgabe des Geheimdienstes, den er leitet, des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) ist, "Schaden von unserem Staat, von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und von der Bevölkerung abzuwehren". Diese Formulierung stammt von Maaßen selbst. Das BfV sei ein "Dienstleister für die Demokratie", erklärt der Chef auf der offiziellen Webseite des Dienstes.

Wenn man aber Maaßens aktuellen Einlassungen im NSA-Untersuchungsausschuss Glauben schenkt, gilt das nur, wenn die Demokratie das Bundesamt nicht allzu sehr mit ihren unpraktischen demokratischen Gepflogenheiten belästigt. Zum Beispiel mit parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, die zu klären versuchen, wo und warum die eigenen Geheimdienste in jüngerer Zeit eigentlich so kapital versagt haben.

Am Donnerstag klagte Maaßen vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages, es binde viele Kapazitäten, dem Ausschuss die angeforderten Informationen zu liefern. Und drohte dann gleich auch noch, das könnte schlimme Konsequenzen haben, wenn man ja vor lauter Kontrolle kaum zum Arbeiten komme: "Niemand sage im Fall eines Terroranschlages, das habe er nicht gehört."

Wer das eigene Versagen offenlegt, muss ein Spion sein

Noch einmal zur Erinnerung: Der NSA-Untersuchungsausschuss hat unter Anderem die Aufgabe, zu klären,

Die "Dienstleister der Demokratie" haben offenkundig und auf breiter Front dabei versagt, Informationen "über die Tätigkeiten fremder Geheimdienste gegen unser Land" zu sammeln und zu analysieren. Denn auch das ist - laut Maaßen - die Aufgabe des BfV.

Nun verlangt die Demokratie in Gestalt des demokratisch gewählten Parlamentes Aufklärung über dieses Versagen, und Hans-Georg Maaßen ist das nicht nur lästig, er stellt sogar eine Verbindung zwischen dieser Belästigung und möglichen drohenden Terroranschlägen her.

Gleichzeitig versucht der Geheimdienstchef, nicht zum ersten Mal, auch noch en passant den Auslöser all der lästigen Aufklärung zu diskreditieren. Es könne nicht beurteilt werden, so Maaßen vor dem Ausschuss, ob Edward Snowden nicht doch ein russischer Agent sei. Er beurteilte dies dann aber doch gleich selbst und sagte, dass - nur, falls das der Fall sein sollte! - der russische Geheimdienst damit seine Schlagkraft unter Beweis gestellt hätte.

Zur Erinnerung: Edward Snowden sitzt nur deshalb in Moskau fest, weil die USA seine Weiterreise verhindert haben und kein europäisches Land bereit war, ihn aufzunehmen - auch die Bundesrepublik Deutschland nicht. Snowden hat seine Dokumente zudem nicht dem russischen Geheimdienst übergeben, sondern westlichen Journalisten.

Diese ganze lästige Aufklärung

Entlarvend ist der erneute, jeder argumentativen Grundlage entbehrende Anti-Snowden-Seitenhieb Maaßens vor allem aus einem Grund: Zum wiederholten Mal erklärt der Chef eines deutschen Geheimdienstes kaum verhohlen, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn die demokratische Öffentlichkeit weiterhin nichts über die globale Massenüberwachung durch NSA, GCHQ und Co. wüsste. Wenn sie nichts vom Versagen seines eigenen Dienstes wüsste. Wenn diese ganze lästige Aufklärung also unterbleiben könnte.

Der selbsternannte "Dienstleister der Demokratie" ist augenscheinlich nur dann bereit, der Demokratie zu dienen, wenn sie ihm und seinem Haus nicht in die Quere kommt. Er scheint mehr mit dem Schutz des Verfassungsschutzes beschäftigt zu sein als mit seiner eigentlichen Aufgabe.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten