Internetsperren EU-Rat will Zaun um Europas Internet ziehen

Eine Arbeitsgruppe für Justiz und Inneres im Rat der Europäischen Union will ein Konzept für europaweite Netzsperren erarbeiten. Ziel ist ein "sicherer europäischer Cyberspace" mit "virtuellen Schengen-Grenzen". Kritiker befürchten eine "chinesische Lösung".
Europäische Union: Erneut stehen Internet-Sperren auf dem Plan

Europäische Union: Erneut stehen Internet-Sperren auf dem Plan

Foto: Horst Ossinger/ dpa

Ein Entwurf der Arbeitsgruppe für Strafverfolgung  des Rats der Europäischen Union (Council of the European Union) sieht vor, Webangebote mit "gesetzwidrigen" Inhalten im Netz zu sperren. In einem Protokoll des Ausschusses heißt es, das Ziel der Aktion sei, einen "sicheren, einheitlichen Cyberspace" innerhalb Europas zu schaffen, mit "virtuellen Schengen-Grenzen". Laut dem Vorschlag soll eine "schwarze Liste" erstellt werden mit Web-Angeboten, die gegen europäisches Recht verstoßen. Die Internet-Provider sollen diese Dienstleister sperren, die auf der Liste auftauchen.

Viele Politiker in Deutschland verurteilen den Vorstoß der EU. Gegenüber dem IT-Nachrichtenportal Heise.de  sagte der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz: "Schon die Diskussion über derartige Vorschläge legitimiert alle Unrechtsregime der Welt, es bei sich genauso zu machen." Das Vorhaben sei auch "technisch nicht seriös umsetzbar" und würde einen "echten Rückschritt bei der Rechtsdurchsetzung" darstellen. Der liberale Netzpolitiker Manuel Höferlin sagte Heise.de, die Idee finde er "abwegig". Wer meine, gesetzlich die Struktur des Internets mit festen Übergabepunkten vorschreiben zu können, sagt Höferlein, der habe offenbar dessen Kern nicht verstanden oder wolle ihn verändern.

Die Netzsperren-Gegner befürchten "chinesische Lösung"

Auch der Arbeitskreis Zensur verurteilt den Vorschlag  der Arbeitsgruppe. Auf der Seite heißt es, damit sei "die große chinesische Lösung gemeint".

Von einer ähnlichen Idee der Netzsperren war das EU-Parlament bereits  im Februar abgerückt. Die Gegner der Internet-Zensur feierten es als Sieg, als der Innenausschuss des EU-Parlaments mit vierzig zu null Stimmen über den Netzsperren-Vorschlag abstimmte und dabei empfahl, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten zu löschen - und nicht zu sperren. Erst wenn das Löschen innerhalb einer gesetzten Frist nicht gelingen sollte, so das Ergebnis, dann solle eine Sperrung unter strengen Auflagen erlaubt sein.

jbr

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