Verharmlosende Corona-Botschaften Twitter löscht zwei Nachrichten des brasilianischen Präsidenten

"Dieser Tweet ist nicht mehr verfügbar": Das steht nun an zwei Stellen auf dem Twitteraccount von Jair Bolsonaro. Das Netzwerk hat am Sonntag zwei seiner Nachrichten entfernt.
Jair Bolsonaro: ein Staatschef, der das Coronavirus verharmlost

Jair Bolsonaro: ein Staatschef, der das Coronavirus verharmlost

Foto: Leo Correa/ picture alliance/dpa

Twitter hat zwei Botschaften des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro gelöscht, in denen der Staatschef den Sinn von Isolationsmaßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus in Zweifel gezogen hatte. Die Botschaften hätten gegen die für seinen Dienst geltenden Regeln verstoßen, erklärte Twitter am Sonntag. Gelöscht würden Botschaften, die den Informationen der Gesundheitsbehörden zu der Pandemie widersprächen und die das Risiko einer Weiterverbreitung des Virus erhöhen könnten.

Bolsonaro hat im Zusammenhang mit dem Coronavirus von einer "Fantasie" und einer - von den Medien geschürten - "Hysterie" gesprochen. Die von dem Erreger ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 hatte er als "kleine Grippe" bezeichnet. Der rechtsradikale Staatschef warnte auch vor Schäden für die brasilianische Wirtschaft durch die Anti-Corona-Maßnahmen regionaler und kommunaler Behörden und plädierte für eine rasche Rückkehr zur Normalität im öffentlichen Leben.

Bei den von Twitter gelöschten Botschaften handelt es sich um zwei Videos, die zeigen, wie Bolsonaro sich persönlich über Empfehlungen seines eigenen Gesundheitsministeriums für den Kampf gegen die Pandemie hinwegsetzt. Der Präsident ist dabei zu sehen, wie er am Sonntag durch die Hauptstadt Brasília läuft, sich mit Unterstützern trifft und sie drängt, die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Einstellung von Kampagne angeordnet

Die gelöschten Tweets sind nicht die einzige Niederlage für Bolsonaro dieser Tage. Bereits am Samstag untersagte ein brasilianisches Gericht dem Präsidenten, Empfehlungen gegen Ausgangsbeschränkungen aufgrund des Coronavirus zu verbreiten. Die Richter in Rio de Janeiro ordneten die Einstellung der Regierungskampagne "Brasilien darf nicht stillstehen" an.

Trotz steigender Infektionszahlen in Brasilien lehnt Bolsonaro strenge Eindämmungsmaßnahmen gegen das neuartige Coronavirus ab.

Die Richter hatten auch angeordnet, dass Regierungsvertreter und mit ihnen in Verbindung stehende Menschen es unterlassen müssen, Informationen zum Coronavirus ohne wissenschaftliche Grundlage zu verbreiten oder "agitatorisch" einzusetzen. Binnen 24 Stunden muss die Regierung gemäß der richterlichen Verfügung eine offizielle Erklärung abgeben, in der klargestellt wird, dass die Kampagne "Brasilien darf nicht stillstehen" wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält.

Richter stoppen Sonderregelungen für Gottesdienste

Am Donnerstagabend hatten der Präsident und sein Sohn Flavio über Facebook ein Video verbreitet, das einen Autokorso zeigte, dessen Teilnehmer die Wiedereröffnung von Geschäften und Schulen im südlichen Bundesstaat Santa Catarina bejubelten. Zudem teilten Jair und Flavio Bolsonaro ein Video der umstrittenen Kampagne. In dem Clip werden die Menschen aufgerufen, ihrem Alltag trotz der Coronavirus-Pandemie weiterhin nachzugehen.

Bereits am Freitag hatten Richter ein Dekret des Präsidenten gestoppt, in dem Kirchen und andere Gotteshäuser von den in einigen Bundesstaaten geltenden Ausgangsbeschränkungen wegen der Pandemie ausgenommen wurden. Das Gericht erklärte das Dekret mit der Begründung für ungültig, dass es in Kirchen und anderen Gotteshäusern große Menschenmengen gebe.

In Brasilien gab es laut den amtlichen Zahlen bis Sonntag rund 3900 Corona-Infektionsfälle. 114 Todesfälle durch die Pandemie wurden im bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas gezählt.

asc/mbö/AFP

Mehr lesen über

Verwandte Artikel

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren