Kaspersky-Chef "Wir schützen unsere Kunden vor Malware - sei sie nun russisch oder amerikanisch"

Eugene Kaspersky
Foto: Pavel Golovkin/ APIn Rage gebracht habe ihn der Schritt des amerikanischen Heimatschutzministeriums nicht, sagt Jewgeni Walentinowitsch Kasperski, besser bekannt unter seinem englischen Namen: Eugene Kaspersky. "Ich bin ruhig geblieben, weil es keine Überraschung war", sagt der russische IT-Experte, dessen Virenschutzsoftware auf Hunderten Millionen Computern weltweit installiert ist und die ihm ein Vermögen beschert hat.
Das Department of Homeland Security hat die US-Behörden jüngst angewiesen, Kaspersky-Software von ihren Rechnern zu verbannen. Man sorge sich um Verbindungen bestimmter Mitarbeiter des Unternehmens zum russischen Geheimdienst, heißt es in einer Mitteilung. Die Software könnte die nationale Sicherheit gefährden.
Schon im Juli hatte die Regierung die Nutzung von Kaspersky-Produkten eingeschränkt, danach hatte sogar die Elektronik-Handelskette Best Buy die Kaspersky-Produkte aus dem Sortiment genommen.
Vorbehalte gegenüber der anerkannten und weitverbreiteten Antivirensoftware sind wohl so alt wie der Hersteller selbst. Regelmäßig wird die Rolle des russischen Unternehmers Kaspersky, selbst Absolvent einer KGB-Hochschule, öffentlich thematisiert, dabei wird vor allem über sein Verhältnis zur russischen Regierung spekuliert. 400 Millionen Nutzer haben die Software installiert - kaum auszudenken, wenn an den Vorwürfen aus den USA etwas dran wäre.
Russische Erfolgsgeschichte ohne Regierungsnähe?
Schwer zu glauben, dass dem nicht so sein soll, argumentieren andere. Gerade in Russland sei so eine Erfolgsgeschichte wie die von Kaspersky ohne Regierungsnähe kaum möglich. Die "FAZ" etwa hält es am Freitag in einem Kommentar für "höchst unwahrscheinlich, dass gerade eine IT-Firma aus dem autoritären und von früheren Spionen geführten Russland völlig unabhängige und nur dem Kunden verpflichtete Geschäfte tätigt." Deshalb sei die US-Regierung "klug beraten", die Software zu verbannen.
Seit Jahren habe es die amerikanische Regierung auf ihn und seine Firma abgesehen, sagt Eugene Kaspersky im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Es gebe seine Firma seit 20 Jahren. Doch in all der Zeit habe es keine Beweise dafür gegeben, dass die Firma mit einem Geheimdienst zuarbeite, "weil es diese Beweise und Fakten nicht gibt": "Es ist einfach nicht wahr."
"We are very good friends with the Bundeskriminalamt"
Tatsächlich dürfte es für einen Hersteller von Sicherheitssoftware einer der schlimmsten Vorwürfe überhaupt sein, er würde selbst für die Unsicherheit seiner Kunden sorgen. Deshalb verteidigt sich Kaspersky vehement: Man helfe keinem Geheimdienst der Welt beim Spionieren. Das bekräftigt er in Interviews und twittert gegen den Verdacht an.
Zwar arbeite die Firma eng mit Strafverfolgern weltweit zusammen, auch in Deutschland. "We are very good friends with the Bundeskriminalamt", sagt Kaspersky etwa. Und offenbar ist die Firma auch "very good friends" mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) - denn das gab dem renommierten russischen Unternehmen umgehend Schützenhilfe und lobte die "vertrauensvolle Zusammenarbeit". Auch Innenminister Thomas de Maizière äußerte sich: "Unsere Erfahrungen mit Kaspersky sind positiv."
Die Tätigkeit seines Unternehmens, betont Eugene Kaspersky, bleibe aber stets defensiv. Für offensive Operationen sei man nicht zu haben.
Allerdings sei es besorgniserregend, was gerade im internationalen Cyberspace passiere, findet Kaspersky. "Ich will es nicht Krieg nennen, aber der Cyberspace ist wirklich vergiftet." Zwar könne ein Programmcode nie einen endgültigen Beweis liefern, aus welchen Land ein bestimmter Angriff komme. Er würde aber sagen, die weltweit aktivste Schadsoftware für Spionagetätigkeiten stamme aus dem englischsprachigen, dem russischen und dem chinesischen Raum.
Die Entscheidung von Best Buy sei "ein Fehler"
Zumindest wirtschaftlich ist die Ansage des Heimatschutzministeriums für Kaspersky Lab angeblich kein großes Problem, heißt es: "Ehrlich gesagt gingen unsere Verkäufe an die amerikanische Regierung gegen null", so der Firmenchef.
Die Entscheidung von Best Buy hält Kaspersky "für einen Fehler": "Die Best-Buy-Kunden werden einfach zu einem anderen Händler gehen, um unsere Produkte zu kaufen." Mittlerweile würden die meisten Produkte der russischen Firma in den USA ohnehin nicht mehr über Händler, sondern direkt online gekauft.
Der Imageschaden allerdings könnte für die Firma beträchtlich werden. Deshalb trommelt der Security-Spezialist nun für seinen Laden - und möchte auch einer Einladung des amerikanischen Repräsentantenhaus folgen, Ende September zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Kaspersky Lab wollte sich so transparent wie möglich geben, verspricht Kaspersky. Auf Wunsch einer Regierung zeige man auch gern den Programmcode her und geben Einblicke in die Firmenprozesse.
Den Nutzern seiner Software verspricht er zumindest: "Wir werden unseren Kunden niemals schaden. Wir schützen sie vor Malware - sei sie nun russische oder amerikanische oder von irgendeiner anderen Nation." Das sei schließlich ihr Job.
Die Nutzer dürften ihn beim Wort nehmen.