Ermittlungen zu Kindesmissbrauch Seehofer verlangt längere Vorratsdatenspeicherung

Aktuell ist die Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt. Horst Seehofer fordert dennoch eine Verlängerung der Speicherfrist auf ein halbes Jahr. Der Innenminister begründet das mit dem Kampf gegen Kindesmissbrauch.
Innenminister Seehofer: Forderung in einem Brief an Justizministerin Lambrecht - für den Fall eines entsprechenden EuGH-Urteils

Innenminister Seehofer: Forderung in einem Brief an Justizministerin Lambrecht - für den Fall eines entsprechenden EuGH-Urteils

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LEONHARD FOEGER/ REUTERS

Bereits im Juni hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Vorratsdatenspeicherung als "unerlässlich im Kampf gegen Kinderpornografie" bezeichnet - auch SPD-Familienministerin Franziska Giffey zeigte sich angesichts der jüngsten Missbrauchsfälle dafür offen. Nun hat Seehofer in einem Brief an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) eine von zehn Wochen auf sechs Monate verlängerte Vorratsdatenspeicherung gefordert, berichtet die "Bild am Sonntag" ("BamS"). Der Innenminister drängt demnach zudem auf eine rasche Gesetzesänderung.

Allerdings ist die Vorratsdatenspeicherung derzeit in Deutschland ausgesetzt. Über sie wird seit Jahren vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. Derzeit steht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) dazu aus. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Telekommunikationsdaten - etwa IP-Adressen - anlasslos durch die Anbieter entsprechender Dienstleistungen gespeichert.

Die Begründung auch für den aktuellen Vorstoß des Innenministers sei, die Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch zu verstärken, schreibt die "BamS". Seehofer setze dabei auch auf eine längere Speicherung von Computer-IP-Adressen. Der Minister wolle die Speicherfrist von zehn Wochen auf mindestens sechs Monate ausweiten und wolle eine schnelle Gesetzesänderung. Justizministerin Lambrecht dagegen wolle damit noch warten.

Nun drängt Seehofer die SPD-Ministerin in seinem Schreiben vom 14. Juli dem Bericht zufolge darauf, "dringend erforderliche Anpassungen im Gesetz bereits jetzt vorzunehmen". Dann könnten diese nach einem möglichen positiven Urteil des EuGH sofort angewendet werden. Dagegen sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums: "Ein gesetzlicher Anpassungsbedarf kann sinnvoll erst geprüft werden, wenn die Gerichte entschieden haben."

Ablehnung der SPD-Chefin

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2016 mit einem Urteil das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gekippt. Das führt dazu, dass Internetprovider IP-Adressen nur wenige Tage speichern. Begründet hatte der EuGH das Urteil damit, dass eine allgemeine und anlasslose Speicherung von Nutzerdaten bei den Internetprovidern gegen mehrere Grundrechte wie den Schutz personenbezogener Daten verstoße und nicht verhältnismäßig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die endgültige Klärung der Frage, ob die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland angewendet werden darf, im September 2019 zurück an den EuGH gegeben. Solange die offenen Fragen nicht geklärt sind, wird die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland nicht umgesetzt.

Im Gegensatz zu Familienministerin Giffey hat sich die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken klar gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Im Hinblick auf das EuGH-Verfahren teilte sie mit, dass sie davon ausgehe, dass die anlasslose Speicherung nicht mit den europäischen Grundrechten vereinbar sei. Ein EU-Gutachter stützte diese Ansicht im Januar.

fdi/AFP
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