Mobilfunk
Niederländisches Parlament stimmt für freien Datenverkehr
Mobilfunkprovider sollen Dienste wie Skype nicht blockieren oder nur gegen Extra-Kosten anbieten dürfen: Ein entsprechendes Gesetz hat das niederländische Parlament verabschiedet. Es ist die erste Entscheidung für Netzneutralität in Europa - trotz massiver Gegenwehr.
Smartphone-Nutzer: Internet ohne Qualitätsklassen und App-Sperren
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Amsterdam - Die Abgeordneten haben ein Herz für Smartphone-Nutzer: Als eines der ersten Länder weltweit wollen die Niederlande Netzneutralität gesetzlich vorschreiben und den Telekommunikationskonzernen zusätzliche Gebühren für Internetdienste wie Skype oder Messaging verbieten. Das Parlament verabschiedete am Mittwochabend eine entsprechende Reform, die nun noch den Senat passieren muss - üblicherweise eine Formalität.
Für Video-Telefonie und die Übermittlung von Kurznachrichten via Internet dürften die Unternehmen keine zusätzlichen Gebühren erheben, erklärte Wirtschaftsminister Maxime Verhagen. "Solche Dienste zu blockieren oder extra Geld dafür zu nehmen, bremst Innovationen", sagte er. "Wir werden diesen Bereich regulieren und damit ein offenes Internet garantieren." Auch dürfen Mobilfunk-Provider ihre eigenen Dienste nicht bevorzugen.
Das Gesetz wurde in nur zwei Monaten
auf den Weg gebracht. In den Niederlanden war es zu einem öffentlichen Aufschrei gekommen, nachdem das Unternehmen KPN seinen Handy-Kunden die Nutzung einer Anwendung namens "WhatsApp" extra in Rechnung stellen wollte. Mit der App lassen sich Kurznachrichten über das Internet austauschen - ohne die üblichen SMS-Gebühren der Mobilfunkanbieter.
Nutzer kritisierten, dass KPN für eine Extra-Abrechnung den Datenverkehr genau analysieren müsse, eine sogenannte "Deep Packet Inspection". Dies wurde als Ausspähung der Kunden angeprangert. Das Unternehmen verteidigte dies als ganz normale Maßnahme. Dem Unternehmen waren Einnahmen durch die Nutzung von "WhatsApp" weggebrochen.
Mobilfunkprovider wie Vodafone, T-Mobile und das ehemalige Staatsunternehmen KPN hatten sich bis zuletzt vehement gegen das Gesetz gewehrt. KPN teilte nach der Verabschiedung mit, man bedaure, dass sich das Parlament nicht mehr Zeit mit der Gesetzgebung gelassen habe. Vodafone kündigte an, dass das Gesetz für eine große Gruppe von Kunden zu einer deutlichen Erhöhung der Kosten führen werde. Unternehmen wie Google, Facebook und der neue Skype-Eigentümer Microsoft hatten sich im Gegensatz für die mobile Netzneutralität ausgesprochen.
In Deutschland denkt die Deutsche Telekom
laut darüber nach, künftig Qualitätsklassen im Internet einzuführen: Für garantierten Datendurchsatz sollen dann nicht nur die Kunden bezahlen, sondern auch die Anbieter von Internet-Diensten auf der anderen Seite.
Die EU-Kommission prüft derzeit mögliche Behinderungen des Internet-Verkehrs durch Telekom-Unternehmen wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder Telefonica. Einige Konzerne wehren sich unter anderem mit teuren Tarifen dagegen, dass Smartphone-Besitzer für ihre Telefonate das Internet benutzen und damit ihren Telekom-Anbieter umgehen. In Deutschland sperrt die Telekom Voice-over-IP-Dienste wie Skype und bietet sie zu einem Extra-Tarif an. Ebenso verfährt Vodafone in Großbritannien.
Ergebnisse der Untersuchung sollen Ende des Jahres vorgestellt werden.