EU-Kommissarin Acta tritt "wahrscheinlich nicht in Kraft"

Neelie Kroes (Archivbild): Leiser Abschied von Acta?
Foto: GEORGES GOBET/ AFPBerlin/Brüssel - Die EU-Kommission hat ihre Hoffnung auf ein Inkrafttreten des umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommens Acta offenbar aufgegeben. "Machen sie sich um Acta keine Sorgen mehr", beschwichtigte Digitalkommissarin Neelie Kroes am Freitag die kritisch eingestellten Teilnehmer der Internetkonferenz re:publica in Berlin. Ihr Sprecher in Brüssel erklärte anschließend zwar, dass Kroes ebenso wie die gesamte Kommission weiterhin von der Richtigkeit Actas überzeugt sei. Allerdings habe sich seine Chefin offenbar mit "der politischen Realität" abgefunden.
Mit dieser Klarstellung reagierte er auf eine Passage in Kroes' Redemanuskript, in der es heißt: "Wir werden nun wahrscheinlich in einer Welt ohne Sopa und ohne Acta leben." Damit bezog sich die Niederländerin auch auf das US-Antipirateriegesetz Sopa, das nach einem Aufschrei im Internet schon früher in diesem Jahr vor dem Kongress gescheitert war. Ähnlich kritische Stimmen zu Acta waren nicht erst auf der re:publica zu vernehmen, die Bloggern, Wissenschaftlern, Aktivisten und Juristen als Diskussionsplattform dient.
Die EU-Kommission hat das Acta-Abkommen an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Dieser soll prüfen, ob die Bestimmungen mit Grundrechten vereinbar sind. Trotz der offenbar als gering eingeschätzten Erfolgsaussichten mahnte Kroes an, dass weiter über die Themen von Acta diskutiert werden müsse. "Wir müssen die Probleme lösen, um die es geht", sagte sie in Berlin. So müsse das Urheberrecht mit Blick auf neue Technologien angepasst werden.
Den Protest Tausender Menschen gegen Acta wertete Kroes als "starke neue politische Stimme". Dieses Engagement begrüße sie, "auch wenn ich inhaltlich nicht immer mit allem übereinstimme, was gesagt wird".