Klage gegen Anti-Hass-Gesetz TikTok wehrt sich dagegen, massenhaft Nutzerdaten ans BKA zu melden

Logo vor TikTok-Büros in Kalifornien
Foto: MIKE BLAKE / REUTERSTikTok klagt vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen eines der wichtigsten deutschen Gesetze für Social-Media-Konzerne. Die Klage richtet sich vor allem gegen § 3a des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts dem SPIEGEL bestätigte.
Das Gesetz soll dafür sorgen, dass die Betreiber sozialer Netzwerke strafbare Inhalte konsequent löschen und gegen diejenigen vorgehen, die illegale Inhalte wie Volksverhetzung oder Gewaltaufrufe auf den Plattformen verbreiten. Die konkrete Regelung des NetzDG, gegen die TikTok klagt, verpflichtet das Unternehmen, Informationen über ihre Nutzerinnen und Nutzer an das Bundeskriminalamt (BKA) weiterzuleiten, wenn diese strafbare Inhalte gepostet haben. (Mehr über die Hintergründe der geplanten BKA-Zentralstelle lesen Sie hier.)
TikTok wehrt sich mit der Klage gegen diese Verpflichtung zur proaktiven Meldung. Das Unternehmen dürfte aber auch in Zukunft an seinem bisherigen Vorgehen festhalten, in Einzelfällen auf Anfrage Daten an das BKA herauszugeben.
Das Unternehmen ist mit seiner Klage spät dran. Das Unternehmen hat sie am Dienstag, dem 25. Januar, beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht, also nur sieben Tage, bevor die BKA-Zentralstelle am 1. Februar ihre Arbeit aufnimmt.
Das BKA geht nach SPIEGEL-Informationen aber ohnehin nicht davon aus, dass das Unternehmen Inhalte an die Zentralstelle melden wird. Ursprünglich hatte das BKA damit gerechnet, mit deren Einführung mehrere Zehntausend Meldungen monatlich zu erhalten.
Facebook und YouTube klagen bereits
Experten hatten in der Vergangenheit kritisiert , dass TikTok nicht konsequent und einheitlich gegen Hasskommentare und extremistische Inhalte vorgeht. So hätte das Unternehmen beispielsweise Videos mit Hakenkreuzen nicht immer gelöscht, auch wenn diese gemeldet wurden.
Die Google-Tochter YouTube und der Facebook-Konzern (heute Meta) hatten bereits im Juli im Eilverfahren Klage gegen die entsprechenden Regeln des NetzDG eingereicht. TikTok hat sich offenbar dagegen entschieden, sich der Klage der beiden Unternehmen anzuschließen.
Wie ein Sprecher des Kölner Verwaltungsgerichts dem SPIEGEL bestätigte, klagt TikTok, wie auch YouTube, ebenfalls gegen das sogenannte Gegenvorstellungsverfahren. Dieses soll es Nutzerinnen und Nutzer ermöglichen, einfach und zeitnah Beschwerde gegen Löschentscheidungen des Unternehmens einzulegen.
TikTok beklagt unklare Erweiterung des Beschwerdeverfahrens
Anders als etwa Facebook klagt TikTok auch gegen einen weiteren wichtigen Aspekt des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, nämlich Absatz 2 von § 3. Dabei geht es um das sogenannte Beschwerdeverfahren, welches Unternehmen wie TikTok verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte nach spätestens 24 Stunden zu löschen, wenn diese dem Unternehmen durch Nutzerinnen oder Nutzer gemeldet wurden.
Diese Regelung des NetzDG ist grundsätzlich bereits länger in Kraft und wird von den Social-Media-Unternehmen bisher juristisch auch nicht angezweifelt. TikTok wehrt sich nun zwar nicht grundsätzlich gegen dieses Beschwerdesystem, hält aber »die Reichweite der Vorschrift für unklar«, die sich nach der jüngsten Gesetzesänderung auf TikToks vorhandenes Beschwerdesystem auswirke, wie das Gericht mitteilte.
Anmerkung: Wir haben den Abschnitt zu TikToks Klage gegen das Beschwerdeverfahren präzisiert, nachdem das Verwaltungsgericht Köln erklärt hat, dass nicht das Löschverfahren grundsätzlich, sondern nur die neue Reichweite der Vorschrift beklagt wird.