Netzwerk in der Kritik Facebooks dunkle Seiten

Facebook-Logo: Mehrere Entscheidungen empören Nutzer
Foto: dapdFacebook soll dem Guten in der Welt dienen, so hat es Firmenchef Mark Zuckerberg als Parole zum Börsengang ausgegeben. Tatsächlich hat das Riesennetzwerk mit seinen Funktionen Einfluss auf Regierungen, Unternehmen, Menschen. Die Balance zu halten zwischen Geschäftsmodell und Mission, zwischen Freiheit der Nutzer und Verantwortung der Betreiber, ist da nicht immer leicht. Ein Beispiel: Einerseits fordern Tausende Nutzer von Facebook, verstärkt gegen Neonazis vorzugehen, die auf der Plattform für sich Werbung machen. Sie wollen Kontrolle. Andererseits gibt es Kritik, wenn der Konzern die Kommunikation seiner Nutzer durchleuchtet, um Straftaten zu verhindern.
Längst haben viele Nutzer das Gefühl, ohne Facebook einfach nicht mehr auszukommen. Doch gerade in den vergangenen Wochen gab es gleich mehrere Entscheidungen, die Nutzer und Datenschützer empörten:
- Automatische Überwachung: Facebook kennt kein Briefgeheimnis. Das Netzwerk erfasst automatisch, wer wem eine Nachricht schreibt, und hört auf Schlagwörter. Unter bestimmten Umständen vermutet das System beispielsweise, es könnte sich um den unsittlichen Anbahnungsversuch eines Erwachsenen an einen Teenager handeln - und schlägt Alarm. Ein Mitarbeiter prüft dann Chats und Nachrichten. Liegen Hinweise auf Straftaten vor, wird die Polizei eingeschaltet. Bei Verstößen gegen die Nutzerordnung ergreifen die Facebook-Aufpasser Maßnahmen. Mehr dazu...
- E-Mail-Übernahme: Das Unternehmen will ungefragt unsere Kommunikation übernehmen. Nachdem ein erster großangelegter Versuch versandet war, verpasste Facebook seinen Nutzern einfach eine eigene E-Mail-Adresse @facebook.com und trug diese automatisch in die Profile ein. E-Mails an diese Adresse tauchen im Nachrichteneingang auf Facebook auf. Ist der Absender kein Facebook-Freund, wird die E-Mail in den Ordner "sonstiges" wegsortiert. Dass die neue Facebook-Adresse auch noch automatisch in Adressbücher eingetragen wurde, was für manche Nutzer verschwundene E-Mails zur Folge hatte, war nach Angaben des Konzerns allerdings ein technischer Fehler. Der Fall zeigt: Bei einem Giganten wie Facebook haben auch kleinere Pannen schnell katastrophale Folgen, und sei es nur für einen kleinen Teil der Nutzer. Mehr dazu...
- Aufruf zum Petzen: Facebook fordert echte Namen - und lässt seine Nutzer Mitglieder mit Pseudonym verpfeifen. Dazu bekamen Nutzer einen ihrer Kontakte angezeigt und sollten angeben, ob der verwendete Name auch echt sei. Die Antwort sollte anonym bleiben und keine Auswirkungen auf den Account des Betreffenden haben. Das Unternehmen nannte den Spitzelaufruf einen Testlauf. Wer mit Pseudonym bei Facebook auffliegt, dem wird der Account gesperrt. Zur Freischaltung soll der oder die Betroffene eine Kopie des eigenen Ausweises an das Unternehmen schicken. Der Klarnamenzwang ist umstritten, viele Menschen sind für eine wirklich freie Webnutzung auf Pseudonyme angewiesen oder wollen sich vor Stalking und Repressionen schützen. Mehr dazu...
- Farce-Abstimmung: Alles ganz demokratisch, die Nutzer haben die Wahl - so hat Facebook eine Abstimmung über die Nutzungsbedingungen und die Datenschutzrichtlinie des Netzwerks angepriesen. Doch die Wahl war eine Farce, Änderungen an den Richtlinien wurden schlecht kenntlich gemacht, Fragen nicht beantwortet. Die Abstimmung selbst wurde den allermeisten Mitgliedern gar nicht erst angekündigt, folgerichtig beteiligte sich nur ein winziger Prozentsatz der Nutzerschaft. Doch selbst wenn Hunderte Millionen Nutzer abgestimmt hätten, wäre das Ergebnis für Facebook nicht bindend gewesen. Mehr dazu...
- Mangelnder Datenschutz: Kritiker wie die Gruppe Europe vs. Facebook und deutsche Datenschützer kreiden dem Unternehmen an, dass die Standardeinstellungen zunehmend eine weitgehende Veröffentlichung von persönlichen Daten vorsehen. Neue Funktionen werden ohne Zutun der Nutzer aktiviert. Dass etwa die Gesichtserkennung für hochgeladene Fotos einfach eingeschaltet wurde, beschäftigt gerade den US-Senat . Der Kieler Datenschützer Thilo Weichert fordert den Stopp der Datenübermittlung in die USA und einen Einblick in die Datenverarbeitung bei Facebook. Mehr dazu...
Nicht für alles, was mit Facebook-Daten passiert, ist der Konzern direkt verantwortlich. Aber die Voreinstellungen in Kombination mit der Unbekümmertheit vieler Nutzer führen zu einem Verfall der Privatsphäre. Die persönlichen Informationen, die Facebook abfragt und die Nutzer dem Netzwerk anvertrauen, wecken Begehrlichkeiten. So wollte die Kreditauskunft Schufa erforschen lassen, ob und wie sich die Facebook-Daten zur Bonitätsprüfung nutzen lassen könnten - das damit betraute Institut kündigte den Auftrag nach massiver Kritik .
Andere Ermittler sind längst Dauergast: Für die Polizei gehört die Facebook-Fahndung selbstverständlich zur Arbeit dazu. Ordnungsämter suchen in dem Netzwerk nach den Initiatoren unliebsamer öffentlicher Partys, um sie für Polizeieinsätze zur Kasse zu bitten. Steuerfahnder, Strafverfolger, Scheidungsanwälte und auch Stalker greifen längst routinemäßig auf die wohl größte Sammlung persönlicher Daten zurück, die die Welt je gesehen hat.
An einer Tatsache ändert all das wenig: Facebook wächst weiter - auch in Deutschland .

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