NSA-Affäre "Champagner!"

Smartphones: Kontaktlisten, SMS-Verkehr, Notizen, Aufenthaltsorte
Foto: Richard Drew/ APHamburg - Der US-Geheimdienst NSA kann sich Zugang zu Nutzerdaten von Smartphones aller führenden Hersteller verschaffen. In den geheimen Unterlagen des Nachrichtendiensts, die DER SPIEGEL einsehen konnte, ist unter anderem ausdrücklich von Apples iPhone, Blackberry-Geräten und Googles Betriebssystem Android die Rede. Demnach ist es der NSA möglich, nahezu alle sensiblen Informationen eines Smartphones auszulesen, etwa Kontaktlisten, den SMS-Verkehr, Notizen und Aufenthaltsorte seines Besitzers.
Den Unterlagen zufolge hat die NSA für jeden größeren Hersteller von Betriebssystemen eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, deren Ziel es war, heimliche Zugänge zu den Innereien der Smartphones zu ermöglichen.
In internen Dokumenten brüsten sich die Experten, für den erfolgreichen Zugang zu den iPhone-Informationen reiche es, wenn die NSA den Computer infiltriere, mit dem das Telefon synchronisiert wird. Mini-Programme, sogenannten Skripte, ermöglichen anschließend den Zugriff auf mindestens 38 iPhone-Anwendungen.
"Champagner" für die Datendiebe
Ähnlich erfolgreich waren die Geheimdienstspezialisten eigenen Dokumenten zufolge bei Blackberry. Die NSA schreibt bereits 2009, dass sie den SMS-Verkehr habe "sehen und lesen" können. Als im selben Jahr Probleme auftauchten, die auf eine neu eingeführte Kompressionsmethode zurückgingen, brauchte die zuständige GCHQ-Abteilung nur wenige Monate, um auch diese wieder zu knacken. Im März 2010 sei das Problem schließlich gelöst gewesen, heißt es in einem britischen Geheimpapier dazu. "Champagner!", lobten sich die Analysten selbst.
Den Dokumenten zufolge will die NSA auch den Zugang zum besonders gesicherten Blackberry-Mailsystem erlangt haben. Für das kanadische Unternehmen wäre dies eine schwerer Schlag; bislang hat Blackberry stets beteuert, sein Mailsystem sei unknackbar. Auf SPIEGEL-Anfrage sagte Blackberry, es sei nicht Aufgabe des Unternehmens, zur angeblichen Überwachung durch Regierungen Stellung zu nehmen. Es gebe keine einprogrammierte "Hintertür", die Nutzer könnten beruhigt sein.
Die vom SPIEGEL eingesehenen Materialien legen den Schluss nahe, dass es sich nicht um Massenausspähungen handelt, sondern um zielgerichtete, teils auf den Einzelfall maßgeschneiderte Operationen, die ohne Wissen der betroffenen Unternehmen laufen.
Was steht im neuen SPIEGEL? Das erfahren Sie im SPIEGEL-Brief - dem kostenlosen Newsletter der Redaktion.SPIEGEL-Brief
Die neue Ausgabe des Digitalen SPIEGEL können Sie am Freitag ab 18 Uhr herunterladen.Neuer digitaler SPIEGEL