Piraterie-Vorwürfe US-Justiz schließt Internetbörse Megaupload

Serverraum: US-Behörden haben Domains und Rechner von Megaupload beschlagnahmt
Foto: APMcLean - US-Staatsanwälte haben den sogenannten Filehoster Megaupload.com vom Netz genommen. Sie werfen dessen deutsch-finnischen Gründer Kim Dotcom - ehemals als Kim Schmitz bekannt - und weiteren Firmenverantwortlichen Verstöße gegen Gesetze zum Schutz des Urheberrechts vor. In der am Donnerstag eröffneten Klage wird das Unternehmen außerdem beschuldigt, für einen Schaden der Rechteinhaber von Filmen und anderen Werken von mehr als 500 Millionen Dollar verantwortlich zu sein.
Der Online-Auftritt des US-Justizministeriums wurde nur wenige Stunden nach der Schließung von Megaupload in Teilen durch eine Hacker-Attacke lahmgelegt. Das berichtet die "Washington Post" . Mehrere Versuche, die Seiten zu laden, schlugen der Zeitung zufolge am späten Donnerstag Nachmittag Ortszeit fehl. Für den Angriff übernahm die Internet-Guerilla Anonymous via Twitter die Verantwortung.
Bei Megaupload konnten Daten aller Art hochgeladen werden. Nach den Vorwürfen der US-Behörden waren darunter auch in großem Stil illegal kopierte Musik, Filme, Fernsehprogramme und digitale Bücher. Megaupload habe mehr als 175 Millionen Dollar illegalen Gewinn gemacht, erklärte das Justizministerium. Ein weiterer Vorwurf lautet auf Geldwäsche.
"Wir haben einige gute Ideen. Meldet euch"
Die Angebote von Megaupload und Megavideo waren clever gestrickt: In den Ranglisten der meistaufgerufenen Videos und Dateien auf den jeweiligen Angeboten fanden Surfer legale Dateien. Doch suchte man in Verzeichnissen für raubkopierte Filme und Serien nach aktuellen Titeln, führte ein Weg oft zu Megaupload (zum Herunterladen der Videodatei) oder Megavideo (um sofort im Browser eine gestreamte Version der Raubkopie zu sehen). Mitte Dezember konnten Nutzer bei Megaupload zum Beisiel kostenlos, sofort und illegal etwa aktuelle Kinofilme wie "Der gestiefelte Kater" oder "Die Abenteuer von Tim und Struppi" abrufen.

Online-Speicher: So warb Megaupload
Megaupload behauptete auf der eigenen Website, man respektiere internationale Copyright-Abkommen und arbeite mit Rechteinhabern zusammen. Die Firma nannte den Vorwurf, die Seite existiere nur zum Zweck der massenhaften Urheberrechtsverletzung, "grotesk übertrieben". Tatsächlich gab es auf den Seiten von Megaupload und Megavideo Formulare, mit denen Urheber rechtswidrig veröffentlichte Inhalte melden können, und tatsächlich werden auch Inhalte gesperrt. In einer Mitteilung von Megaupload hieß es, wenn die Unterhaltungsindustrie von der Beliebtheit des Dienstes profitieren wolle, sei man zum Dialog bereit: "Wir haben einige gute Ideen. Meldet euch."
Der deutsche Gründer
Festgenommen wurden nun Kim Dotcom und drei weitere Personen - zwei Deutsche und ein Niederländer. Sie seien am Donnerstag auf Veranlassung von US-Behörden in Neuseeland festgenommen worden, teilte das US-Justizministerium mit. Zwei weitere Angeklagte seien noch auf freiem Fuß.
Kim Dotcom wurde 1974 als Kim Schmitz in Kiel geboren. Schmitz war eine der schillernden Gestalten der New Economy in Deutschland. Mit einer Vorliebe für bunte Sonnenbrillen, schnelle Autos, sogenannte Teppich-Luder und grenzwertige Geschäftsideen hatte Schmitz bereits um die Jahrtausendwende eher im Boulevardbereich als in der seriösen Wirtschaft reüssiert.
In den Akten des Hongkonger Handelsregister kann man den Weg von Kim Schmitz nachverfolgten: Am 23. Februar 2003 wurde in Hongkong das heute als Megaupload Limited firmierende Unternehmen gegründet, das im Dezember als Betreiber auf der Website von Megaupload geführt wurde. Im Gesellschaftsvertrag von 2003 findet man gleich zwei Mal die Unterschrift von Kim Schmitz: Einmal hat er für die Firma Kimvestor unterzeichnet, einmal für das Unternehmen Kimpire, beide an derselben Hongkonger Adresse ansässig, beide mit jeweils 25.000 Anteilen Gesellschafter.
Firmengründung 2003 - in Hongkong
Im Lauf der Jahre hat sich die Gesellschafterstruktur der Firma oft geändert. 2005 ging zum Beispiel die Mehrheit der Anteile an eine Firma namens Kingdom International Ventures auf den British Virgin Islands. Ein Name taucht aber häufig auf: Kim. Der aktuelle Jahresbericht der Megaupload Limited weißt als Geschäftsführer einen Herrn Kim Dotcom aus, dessen Unterschrift mit der von Kim Schmitz identisch ist. Kim Dotcom ist laut Dokumenten vom Oktober 2011 auch Eigentümer des Megaupload-Mehrheitsgesellschafters Vestor Limited. Zwischendurch hieß der Megaupload-Geschäftsführer auch einmal Kim Tim Jim Vestor aus dem finnischen Turku.
Zuletzt tauchte Kim Schmitz als "Kim Dotcom" in Neuseeland auf, bezog mit seiner Familie ein Multimillionen-Anwesen bei Auckland, wo er, wie einst in Deutschland, den großen Auftritt pflegt. Das Feuerwerk, das er der Stadt zum Silvesterfest Ende 2010 spendierte, war farbenfroh, spektakulär - und kostete angeblich einen sechsstelligen Dollarbetrag.