Prism-Skandal Yahoo nennt Zahl von Behördenanfragen

Yahoo-Zentrale in Sunnyvale, Kalifornien: 12.000 bis 13.000 Behördenanfragen
Foto: Paul Sakuma/ APSunnyvale/Washington - Yahoo hat sich anderen US-Unternehmen wie Microsoft, Apple und Facebook angeschlossen und grobe Angaben über die Zahl von Behördenanfragen in den vergangenen sechs Monaten veröffentlicht. Demnach gab es zwischen 12.000 und 13.000 Anfragen von US-Behörden. Die meisten davon hätten "Betrug, Morde, Entführungen und andere kriminalpolizeiliche Ermittlungen" betroffen. Einige seien auch auf den Foreign Intelligence Surveillance Act (Fisa) zurückgegangen, das US-Gesetz zur Auslandsabhörung und Spionageaufklärung.
Unterzeichnet ist der Blogeintrag von Yahoo-Chefin Marissa Meyer und dem Firmenjustiziar Ron Bell. Die beiden fordern die US-Regierung darin auf, den Unternehmen zu gestatten, die Fisa-Anfragen gesondert aufführen zu dürfen. Weil Fisa-Anordnungen geheim sind, ist den Unternehmen das derzeit nicht gestattet. Yahoo ist das einzige Unternehmen, von dem bekannt ist, dass es versucht hat, sich juristisch gegen die geheimen Anfragen zu wehren - allerdings erfolglos.
Die von Yahoo genannten Zahlen dürften allerdings wenig über das tatsächliche Ausmaß der US-Internetüberwachung aussagen. Denn möglicherweise existiert neben Prism ein weiteres Programm, in dessen Rahmen Internet-Traffic direkt von Knotenpunkten und Übersee-Kabeln abgezweigt und auf NSA-Rechner kopiert wird.
Geheimes Gericht, "transparentes" Programm?
US-Präsident Barack Obama hat die Spähprogramme des Geheimdienstes National Security Agency (NSA) unterdessen verteidigt. Für Prism und für das Programm zur Überwachung von Telefonaten gelte ein Kontrollsystem, der "Kongress überwacht es, Bundesgerichte überwachen es", sagte Obama im US-Fernsehsender PBS. Das Programm sei "transparent", so der US-Präsident, "deshalb haben wir ja das Fisa-Gericht eingerichtet". Das Gericht tagt allerdings hinter verschlossenen Türen, seine Beschlüsse und Anordnungen sind geheim.
Obama stellte die Möglichkeit in Aussicht, weitere Informationen über die Überwachungsprogramme öffentlich zu machen. Er habe die Geheimdienste um Einschätzungen zu der Frage gebeten, "wie viel wir davon aus der Geheimhaltung holen können, ohne dieses Programm weiter zu kompromittieren".
"Berechtigte Sorge"
Er wies Vorwürfe zurück, er habe die Anti-Terror-Politik seines Amtsvorgängers George W. Bush einfach fortgesetzt. Ihm sei es nie darum gegangen, Datensammlungen der Geheimdienste zur Verhinderung von Terrorakten zu unterbinden, sondern ein Kontrollsystem für derartige Spähaktionen zu schaffen.
Obama fügte hinzu, er verstehe die "berechtigte Sorge" angesichts von Medienberichten über massive Spähprogramme der NSA. Er habe ein Gremium für Bürgerrechte und den Schutz der Privatsphäre eingesetzt, das die Spähprogramme überprüfen solle. Dem Ausschuss gehörten "unabhängige Bürger" an, unter ihnen einige entschiedene Verteidiger der Bürgerrechte. Er wolle eine allgemeine Debatte über den Umgang mit Datensammlungen anstoßen, sagte der US-Präsident.
Der IT-Fachmann Edward Snowden hatte den Zeitungen "Guardian" und "Washington Post" Dokumente zu den Spähaktionen der NSA zur Verfügung gestellt. Mit dem geheimen Überwachungsprogramm Prism hat sich die NSA Zugang zu Daten großer Internetkonzerne wie Facebook, Google, Microsoft, Apple, Yahoo und AOL verschafft. Die NSA kann so den Angaben zufolge das Kommunikationsverhalten von Netznutzern weltweit auswerten. Die betroffenen Unternehmen bestreiten aber, dass der Geheimdienst direkten Zugriff auf ihre Server hat.