Querelen bei Enthüllungsplattform Deutscher Wikileaks-Sprecher geht im Streit

In der Führungsriege der Enthüllungsplattform Wikileaks ist es offenbar zum Eklat gekommen. Im Interview mit dem SPIEGEL erklärte der deutsche Wikileaks-Sprecher seinen Rückzug. Der Grund: interne Querelen und Streit mit Gründer Julian Assange.
Daniel Schmitt alias Daniel Domscheit-Berg: "Vertrauen verlorengegangen"

Daniel Schmitt alias Daniel Domscheit-Berg: "Vertrauen verlorengegangen"

Foto: Aleks Krotoski

Hamburg - Daniel Schmitt, der deutsche Sprecher von WikiLeaks, enthüllte im Interview mit dem SPIEGEL Mängel der Enthüllungsplattform. Er kritisierte interne Querelen und gab seinen Rückzug bekannt: "Wir alle hatten in den letzten Monaten wahnsinnigen Stress. Es sind Fehler passiert, was in Ordnung ist, solange man daraus lernt. Dafür muss man sie sich aber eingestehen. Vor allem scheint das Vertrauen verlorengegangen zu sein, dass wir an einem Strang ziehen."

WikiLeaks hatte in den vergangenen Monaten einige spektakuläre Coups gelandet, unter anderem, als über die Plattform 77.000 geheime Meldungen des US-Militärs aus dem Afghanistan-Krieg veröffentlicht wurden. Der SPIEGEL, die "New York Times" und der britische "Guardian" hatten die Dokumente zuvor analysiert, die tiefe Einblicke in das tatsächliche Geschehen in dem Land gewährten.

Schmitt kritisiert, dass sich die Plattform zu sehr auf die großen Projekte konzentriert habe und dabei kleinere, nationale Dokumente vernachlässigt worden seien. Das habe er auch dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange vorgehalten.

Schmitt sagte dem SPIEGEL: "Ich habe mehrfach versucht, das anzustoßen, aber Julian Assange hat auf jede Kritik mit dem Vorwurf reagiert, ich würde ihm den Gehorsam verweigern und dem Projekt gegenüber illoyal sein." Darüber sei es zum Zerwürfnis mit Assange gekommen, auch andere Mitarbeiter seien unzufrieden: "Da gibt es eine Menge Unmut, und einige werden wie ich aussteigen."

Aus Schutz vor Angriffen hatte sich der deutsche Sprecher bislang Daniel Schmitt genannt. Im SPIEGEL nennt er nun erstmals seinen richtigen Namen: Daniel Domscheit-Berg. Bis jetzt war er einer von wenigen Vollzeitmitarbeitern der Plattform, Anfang 2009 hatte er dafür sogar seinen Brotberuf aufgegeben. Rekrutiert wurde Domscheit-Berg seinen Angaben zufolge über Bekannte, Wikileaks sei "ein großes Netzwerk von persönlichen Kontakten", sagt Schmitt. Er selbst hat früher in der IT-Security-Branche gearbeitet und ist nach eigener Aussage schon lang in der Informationsfreiheits-Szene des Internets aktiv, seit 2007 bei Wikileaks.

Julian Assange war in den vergangenen Monaten zunehmend unter Druck geraten - er selbst betrachtet sich als Opfer einer Kampagne. In Schweden wird wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung und der Vergewaltigung gegen ihn ermittelt. WikiLeaks-Mitarbeiter hatten ihm daraufhin nahegelegt, seine öffentliche Aktivität für die Plattform einzuschränken, bis die Vorwürfe ausgeräumt seien.

Lesen Sie das ganze Interview mit weiteren Informationen zum Rückzug von Daniel Domscheit-Berg in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL.

cis
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren