Wegen Roaming-Praxis Verbraucherschützer kündigen Klage gegen O2 an

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Foto: © Christian Charisius / ReutersDer Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat eine Klage wegen der Roaming-Praxis des Mobilfunkanbieters O2 angekündigt. O2-Kunden könnten vom Wegfall der Roaminggebühren seit dem 15. Juni erst dann profitieren, wenn sie zuvor eine SMS an ihren Anbieter schicken, kritisierte der VZBV am Montag. Diese Vorgehensweise verstoße gegen das Irreführungsverbot des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Der VZBV habe diese Praxis erfolglos abgemahnt, nun leite er gerichtliche Schritte gegen O2 ein.
Beim Roaming können Smartphone-Nutzer ihre Freiminuten oder ihr Datenvolumen nicht nur in Deutschland nutzen, sondern auch, wenn Sie innerhalb der EU Urlaub machen, in Italien oder Frankreich zum Beispiel - ohne Aufpreis. Für viele Verbraucher lohnt sich das, denn bisher sind bei der Handynutzung im Ausland oft hohe Kosten angefallen. Eine neue EU-Verordnung hatte aber verfügt, dass alle Bestandteile eines Mobilfunkvertrags überall in der EU gleich gelten sollten. Horrende Aufpreise für die Nutzung im Ausland sollten damit weitestgehend wegfallen.
Die neuen Regeln gelten automatisch, sagen Verbraucherschützer
Dieses neue, für Smartphone-Nutzer vorteilhafte EU-Roaming gilt aus Sicht des VZBV automatisch - und nicht erst, wenn Verbraucher ihren Telefonanbieter darum bitten. Die Idee des europäischen Gesetzgebers sei gewesen, dass die Anbieter einen Tarif, bei dem Verbraucher für Telefonate so viel zahlen wie zu Hause, automatisch anwenden.
Roaminggebühren abgeschafft - das müssen Sie wissen
Mit Roaming wird die Möglichkeit bezeichnet, sich mit einem Mobilgerät beziehungsweise einer Sim-Karte in ein ausländisches Mobilfunknetz einzubuchen.
In allen 28 Staaten der Europäischen Union sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen, die zum Europäischen Wirtschaftsraum zählen. Ausdrücklich ausgenommen sind Andorra, San Marino, Monaco und die Schweiz, weil sie keine EU-Mitglieder sind. In den drei kleinen dieser vier Staaten hat man aber zumindest die Chance, sich in das Mobilfunknetz eines benachbarten EU-Staates einzubuchen, um die EU-Konditionen zu nutzen.
Die Roaming-Verordnung der EU gilt für alle Verträge, unabhängig davon, wann sie abgeschlossen wurden und ob sie Prepaid oder Postpaid abgerechnet werden.
Im besten Fall gar nichts. Kontrollieren Sie aber vorsichtshalber, ob bei Ihrem Endgerät die nötigen Einstellungen schon vorgenommen worden sind. Auf iPhones und iPads finden Sie die entsprechende Option in den Einstellungen unter Mobiles Netz/Datenoptionen. Auf Android-Geräten ebenfalls in den Einstellungen, meist unter Drahtlos & Netzwerke/Mehr/Mobilfunknetze. Dies kann aber je nach Gerät variieren. Kontaktieren Sie im Zweifel den Hersteller.
Genau wie Anrufe zu Hause fallen auch Gespräche von einem EU-Staat in einen anderen unter die neuen Regeln - solange man sie nicht von seinem Heimatland aus tätigt.
Die Roaming-Verordnung gilt nur, wenn man sich im EU-Ausland befindet. Wer jedoch von Deutschland aus eine ausländische Telefonnummer anruft, muss dafür die entsprechenden Gebühren für internationale Gespräche nach der Preisliste seines Mobilfunkanbieters zahlen, auch wenn sich der Angerufene im EU-Ausland befindet.
Auch die bisher für ankommende Gespräche fälligen Gebühren entfallen mit der neuen Verordnung.
Auf Schiffen und in Flugzeugen kann man das EU-Roaming in der Regel nicht nutzen, weil diese eine Verbindung per Satellit herstellen. Die Verordnung gilt jedoch nur für Verbindungen in terrestrischen Netzen. Auf Flughäfen, in Seehäfen oder nahe der Küste können Sie an Bord von Flugzeugen und Schiffen also versuchen, das normale Mobilfunknetz zu nutzen. Sobald sich ihr Handy aber mit einem Netz verbindet, das vom Betreiber des jeweiligen Verkehrsmittels bereitgestellt wird, kann es teuer werden.
Die Verfasser der Verordnung haben vorhergesehen, dass es für Bürger in Staaten mit hohen Mobilfunkpreisen reizvoll sein könnte, sich billige Mobilverträge aus anderen EU-Staaten zu besorgen und dank Roaming-Verordnung in ihrem Heimatland zu nutzen. Eine sogenannte Fair-Use-Policy gibt Mobilfunkanbietern Möglichkeiten, solchen Missbrauch zu verhindern. Sie legt beispielsweise fest, dass ein Anbieter Roamingaufschläge verlangen darf, wenn ein Kunde seine Sim-Karte überwiegend im Ausland nutzt. Hierzu muss das Nutzungsverhalten des Anwenders vier Monate lang beobachtet werden.
Seit einigen Jahren bieten Provider auch EU-Flatrates an. Gegen eine Gebühr von einigen Euro pro Monat konnte man der EU-Verordnung vorgreifen und seinen Vertrag ohne Roaminggebühren in der EU nutzen. Solche Optionen werden jetzt obsolet. Trotzdem werden sie von einigen Anbietern nicht gelöscht. Die EU-Flatrates könnten für Nutzer sinnvoll blieben, die zum Beispiel oft in die Schweiz fahren. Ansonsten sollten Smartphonebesitzer ihren Vertrag prüfen und die Option gegebenenfalls kündigen.
Auf der O2-Infoseite zum Thema Roaming heißt es, Kunden könnten per O2-App "in den regulierten EU-Roaming-Tarif wechseln". Alternativ sei das per SMS möglich: "Hierfür schickst du bitte eine SMS mit dem Kennwort 'JA' an die 65544. Du wirst dann automatisch auf den regulierten Tarif umgestellt. Nach erfolgreicher Umstellung erhältst du eine Bestätigungs-SMS."
Weiter heißt es, wer bereits einen regulierten EU-Roaming-Tarif nutze ("auch 'Roaming Basic' bzw. 'Weltzonenpack' und 'Mobiles Internet Ausland' genannt"), dessen Tarif sei zum 15.6.2017 bereits automatisch umgestellt worden.
Dem Tech-Magazin "Golem" sagte ein Sprecher von Telefónica Deutschland Anfang des Monats: "Unsere Regelung für Kunden in nicht-regulierten Tarifen sowie deren Entscheidungsmöglichkeit entsprechen den regulatorischen Vorgaben in Deutschland." Jeder Kunde, der bislang individuelle Roaming-Lösungen und keinen regulierten Tarif genutzt habe, solle entscheiden können, ob ein Wechsel für ihn vorteilhaft ist.
Update, 16.55 Uhr: In einer aktuellen Telefónica-Stellungnahme betont das Unternehmen, dass ein Wechsel in einen regulierten Tarif nicht für jeden Kunden von Vorteil sei. "Wer beispielsweise eine EU-Flat (1GB) kostenfrei in seinem Tarif inkludiert hat, dem stehen in der EU und in einigen Nicht-EU-Ländern (Beispiel: Schweiz, Türkei, USA) die vollen 1 GB zur Verfügung - auch dann, wenn der Kunde erst spät im Monat innerhalb der EU verreist", rechnet das Unternehmen vor. Bei Wahl des EU-Roam-like-at-home-Prinzips könne dagegen das Inlandsvolumen zu diesem Zeitpunkt bereits fast aufgebraucht sein.