Steuerpläne und Kartellprüfung Sarkozy greift Google an

Ungewöhnlicher Vorstoß aus Frankreich: Präsident Sarkozy will seine Kartellwächter auf Google ansetzen. Sie sollen ermitteln, ob der Konzern eine marktbeherrschende Stellung bei Online-Werbung hat. Außerdem will er eine Google-Steuer prüfen lassen - das hatte eine Regierungskommission vorgeschlagen.
Nicolas Sarkozy: Steuer für Internetsuchmaschinen?

Nicolas Sarkozy: Steuer für Internetsuchmaschinen?

Foto: ERIC FEFERBERG/ AFP

Paris - Nicolas Sarkozy hat Kartelluntersuchungen gegen Google gefordert. Die nationale Wettbewerbsbehörde solle ermitteln, ob der Internetriese eine marktbeherrschende Stellung im Bereich Online-Werbung innehabe, sagte der französische Präsident am Donnerstag. Außerdem solle das Finanzministerium prüfen, ob in Frankreich die Einnahmen großer Suchmaschinen aus dem Geschäft mit Online-Werbung besteuert werden könnten: "Derzeit müssen diese Unternehmen in den Ländern Steuern zahlen, in dem sie ihren Hauptsitz haben, obwohl sie einen großen Teil unseres Werbemarktes bilden."

Sarkozy folgte damit den Plänen einer sogenannten Google-Steuer, die zuvor am Donnerstag bekannt geworden waren. Ein Expertenausschuss schlug die Abgabe auf Online-Werbung in einem Bericht vor, der Kulturminister Frédéric Mitterrand am Mittwochabend übergeben wurde - den Begriff "Google-Steuer" verwenden die Kommissionsmitglieder selbst. Sie solle dazu dienen, legale Angebote im Netz über Internetwerbung zu finanzieren.

Frankreich hatte jüngst beschlossen, Internetangebote mit millionenschweren Subventionen zu fördern. Dabei sind neben Hilfen für die Web-Auftritte von Presse- und Medienhäusern auch Unterstützungen für Anbieter von onlinevertriebener Musik und Filmen sowie elektronischen Büchern geplant. In diesem Jahr braucht das Ministerium dafür rund 50 Millionen Euro, für 2011 und 2012 sind jeweils zwischen 35 und 40 Millionen Euro vorgesehen. Allein die französischen Online-Medien sollen insgesamt 60 Millionen Euro bekommen. Die gesamte französische Presse kann in diesem Jahr mit Hilfszahlungen von 900 Millionen Euro rechnen.

Wie die von der Beraterrunde vorgeschlagene Steuer konkret aussehen soll, war bislang nicht zu erfahren. Es geht aber offenbar um eine Abgabe für Unternehmen, die mit Online-Werbung Geld verdienen. Den Plänen zufolge würde die neue Steuer Firmen auch dann betreffen, wenn sie in Frankreich keine Niederlassung unterhalten. Laut der Zeitung "Liberation" käme es ausschließlich darauf an, dass "der Benutzer, der auf eine Bannerwerbung oder eine Textanzeige klickt, sich in Frankreich befindet".

"Bereicherung ohne Grenzen oder Gegenleistung"

Über 40 Prozent aller weltweit erzielten Online-Werbeeinnahmen erzielt der Suchmaschinenkonzern Google   (siehe Tabelle in der linken Spalte), vor allem mit Textanzeigen auf der Suchseite selbst und mit seinem Anzeigen-Programm AdSense, mit dem auch andere Seitenbetreiber, etwa Blogger, ihre Seiten einfach mit Werbung bestücken können.

Von der nun erwogenen Steuer wäre nicht nur der Marktführer betroffen, sondern auch Konkurrenten wie Microsoft   und Yahoo  . Unklar ist, ob außer Suchmaschinen auch andere Firmen, die im Netz Werbung zeigen, zahlen sollen, etwa Verlagsangebote. Das Einziehen von Werbe-Steuern von allen in Frankreich verfügbaren werbefinanzierten Internet-Angeboten wäre jedenfalls eine Herkulesaufgabe.

Die Tageszeitung "Liberation" zitiert einen der Autoren des Vorschlags mit den Worten, die Regelung könne der "Bereicherung ohne Grenzen oder Gegenleistung" durch die Web-Konzerne ein Ende setzen. Gesagt haben soll das Guillaume Cerutti, der Chef des französischen Ablegers des Auktionshauses Sothebys und ein Mitglied der von der Regierung eingesetzten Kommission. Neben ihm sitzen auch Jacques Toubon, ein ehemaliger Minister, und Patrick Zelnik, ehemals Manager in der Musikbranche in dem Gremium. Zelnik hat Reuters zufolge unter anderem die Musik der Präsidentengattin Carla Bruni-Sarkozy produziert.

Sarkozy, Frankreichs starker Mann im Internet?

Betreibern von Suchmaschinen und Aggregatoren wird immer wieder vorgeworfen, sie profitierten von den Inhalten, die andere Unternehmen erstellten. Das Gegenargument lautet stets: Die Suchmaschine bringt Internetangeboten ja neue Kundschaft - und der kann man dann Werbung zeigen oder sie gar zum Geldausgeben überreden.

Frankreich hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder durch ungewöhnliche Ansätze hervorgetan, um den Problemen zu begegnen, die diversen Branchen durch das Internet entstehen. Ein neues Gesetz gegen illegale Musik- und Filmdownloads sieht vor, dass Nutzer, die wiederholt dabei erwischt werden, mit dem Entzug ihres Internetzugangs bestraft werden. Präsident Sarkozy gibt sich gern als Verteidiger der kulturellen Identität seines Landes in Zeiten der digitalen Globalisierung. Erst kürzlich rief er dazu auf, Konkurrenzprojekte zu Googles Online-Bibliothek Google Books zu unterstützen.

In diesem Punkt ist sich Sarkozy mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einig. Die Bundesregierung hat kürzlich erst bekräftigt, man brauche eine deutsche Digitalbibliothek - die ganz explizit eine Alternative zu Google Books sein soll.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag auch Maßnahmen angekündigt, um der deutschen Medienlandschaft in Zeiten des Medienwandels zu helfen. Ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Verlage soll es ermöglichen, einfacher und möglicherweise auch auf völlig neue Weise Kompensation für die Nutzung von Inhalten im Netz zu erlangen. Gedacht ist das Leistungsschutzrecht als Basis für eine Art Online-Gema - die dann für die Benutzung von Texten oder anderen Inhalten im Netz auf ähnliche Weise Gebühren erheben könnte wie die Gema das für im Radio oder live gespielte Songs tut. Die würden dann allerdings nicht vom Staat eingezogen, sondern von einer noch zu gründenden Verwertungsgesellschaft.

cis/AFP/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren