Offene WLAN-Hotspots Union und SPD schaffen Störerhaftung ab

Nach einem zähen Streit haben sich Union und SPD auf ein neues WLAN-Gesetz geeinigt: Die allseits ungeliebte Störerhaftung fällt nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen weg - der Weg für offene Hotspots ist frei.
WLAN-Nutzer in Berlin

WLAN-Nutzer in Berlin

Foto: imago

Wer sein privates WLAN-Netz für andere Nutzer öffnet, soll künftig nicht mehr pauschal für deren Surfverhalten haften. Auf den Wegfall dieser sogenannten Störerhaftung haben sich Vertreter von Union und SPD nach Informationen von SPIEGEL ONLINE am frühen Mittwochmorgen geeinigt.

Das WLAN in Deutschland wird so ein gutes Stück freier.

Damit ist ein quälend langer Streit beendet. Über die Neuregelung des Telemediengesetzes wurde zwischen den Koalitionspartnern und den vielen beteiligten Ministerien heftig gestritten. Ein Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel (SPD) vom September war von vielen Seiten scharf kritisiert worden - unter anderem, weil darin an der Störerhaftung festgehalten wurde.

Jetzt, nach vielen Nachverhandlungen, die Einigung: Auch private und nebengewerbliche Anbieter (wie ein Café-Betreiber) sollen das sogenannte Providerprivileg der gewerblichen Anbieter genießen. Sie müssen, anders als von Gabriel geplant, ihr WLAN nun nicht mit einer Vorschaltseite oder mit einer Passwortsperre sichern. Tatsächlich offene Hotspots werden damit möglich.

Schon in der nächsten Sitzungswoche sollen die Änderungsanträge im Parlament beschlossen werden. Das Gesetz könnte damit bereits ab Herbst in Kraft treten.

Unter Störerhaftung versteht man das Prinzip, dass ein Anbieter von einem WLAN-Hotspot für mögliche Vergehen seiner Nutzer unter Umständen haften muss, etwa beim illegalen Kopieren von Filmen oder Musik - so entstand die Abmahnindustrie. Die Störerhaftung gilt auch als Hauptgrund dafür, dass es in Deutschland weniger frei zugängliche WLAN-Netze gibt als in vielen anderen Ländern.

Die Kanzlerin mahnte zur Eile

Die Diskussionen über die Störerhaftung und andere Streitpunkte im Gesetz zogen sich so lange hin, dass kürzlich Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Eile mahnen ließ. Neuen Druck auf die Koalition hatte im März ein Gutachten des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof gemacht. Zuletzt wurden die Befürworter der Störerhaftung in den Reihen der Bundesregierung, im CDU-geführten Innenministerium wie in Gabriels Wirtschaftsministerium, immer unsichtbarer.

"Durch das Gutachten hat sich die Lage geändert", sagte CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek nun SPIEGEL ONLINE. "Aber jetzt haben wir einen guten Kompromiss." SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil sagte: "Wir werden den Regierungsentwurf noch einmal deutlich verbessern. Das ist eine große Chance für mehr freies WLAN in Deutschland."

Weitere Streitpunkte im Gesetzentwurf betreffen die Rolle von Cloud- und Sharing-Anbietern sowie die Haftung der Betreiber von Bewertungsplattformen. Diese umstrittenen Regelungen werden nun entfernt - die Bundesregierung soll weiteres Vorgehen prüfen. Erst einmal wollten die Koalitionspartner zeigen, dass sie sich bei einem zentralen Vorhaben der "Digitalen Agenda" der Bundesregierung doch noch einigen können.

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