Vermittlung durch Google Behörden sprechen erstmals mit Telegram-Betreibern

Telegram-Logo: Hauptmedium für die Koordination der Coronaproteste
Foto: KIRILL KUDRYAVTSEV / AFPFür einen Messengerdienst war Telegram in den vergangenen Monaten erstaunlich schwer zu erreichen. Ob es nun um die Löschung von rechtswidrigen Inhalten ging, um laufende Bußgeldverfahren oder sogar Abschaltdrohungen: Wann immer der deutsche Staat etwas von dem Unternehmen mit Sitz in Dubai wollte, entzog sich Telegram dem Zugriff der Behörden. Das hat sich nun offenbar geändert.
Das Bundesinnenministerium hat laut eigenen Angaben endlich einen direkten Kontakt zur »Konzernspitze« von Telegram herstellen können, wie Ministerin Nancy Faeser auf Twitter schrieb . Ein Ministeriumssprecher sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, dass am Mittwoch »ein konstruktives Gespräch« stattgefunden habe – per Videokonferenz.
»Größtmögliche Kooperationsbereitschaft«
Das Gespräch habe Staatssekretär Markus Richter aus dem Bundesinnenministerium mit weiteren Vertretern des Innen- und Justizministeriums geführt. Die Spitze von Telegram habe darin »ihre größtmögliche Kooperationsbereitschaft« mit den deutschen Behörden erklärt, hieß es. Was das für die anhängigen Bußgeldverfahren bedeutet, ist unklar. Jedenfalls hat die Bundesregierung für einen künftigen Austausch nach eigenen Angaben ab sofort einen »hochrangigen Ansprechpartner« bei Telegram.
Laut Innenministerium kam der Kontakt über eine von Google vermittelte E-Mail-Adresse zustande. Zuvor hatten Zeitungen über eine angebliche Amtshilfe durch Apple berichtet.
Morddrohungen und Coronaproteste
Telegram gilt als Hauptmedium für die Koordination der Proteste gegen Coronamaßnahmen und steht wegen der Verbreitung von Morddrohungen gegen Politiker sowie Falschmeldungen in der Kritik. An Aufforderungen zum Löschen hielt sich das Unternehmen bisher nicht. Einige Politiker hatten deshalb mit der Blockierung des Dienstes in Deutschland gedroht, falls sich Telegram nicht an hiesige Gesetze halte.
Wir haben Kontakt zur Konzernspitze von #Telegram hergestellt. In einem ersten konstruktiven Gespräch zur weiteren Zusammenarbeit haben wir vereinbart, den Austausch fortzusetzen und zu intensivieren. Dieser Schritt ist ein guter Erfolg, auf dem wir aufbauen werden.
— Nancy Faeser (@NancyFaeser) February 4, 2022
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Telegram unterdessen mit einem »Bußgeld in Millionenhöhe« gedroht. Das teilte er am Rande eines Treffens der EU-Justizminister im nordfranzösischen Lille mit. Buschmann bezog sich dabei auf zwei Bußgeldverfahren, über die der SPIEGEL im Juni berichtete. In den Verfahren wirft das Bundesamt für Justiz, das dem Justizministerium unterstellt ist, Telegram Verstöße gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor. Zusammengenommen könnte für Telegram in den Verfahren ein Bußgeld von bis zu 55 Millionen Euro fällig werden.
Buschmann drohte den Plattformbetreibern weiterhin mit der Vollstreckung von Vermögen und strafrechtlicher Verfolgung auch außerhalb der EU. »Die Rechtslage ist eindeutig«, sagte er der »Rheinischen Post«. Die Herausforderung liege allerdings darin, deutsches oder europäisches Recht auch durchzusetzen, wenn ein Unternehmen wie Telegram seinen Sitz in Dubai und somit außerhalb der EU habe. In erster Linie brauche es eine »gewisse Ausdauer, um an das Unternehmen heranzukommen«.