Verstöße gegen NetzDG Telegram soll fünf Millionen Euro Bußgeld zahlen

Teilerfolg gegen Hass und Hetze: Weil Nutzer keine Möglichkeit hatten, strafbare Inhalte zu melden, muss der Messengerdienst Telegram nun eine millionenschwere Strafe begleichen.
Die Messaging-App Telegram: 15 Prozent der Deutschen nutzen den Dienst regelmäßig

Die Messaging-App Telegram: 15 Prozent der Deutschen nutzen den Dienst regelmäßig

Foto: Thomas Trutschel/photothek.de / imago images/photothek

Leicht verfügbar, schwer zu kontrollieren: Die App Telegram fiel spätestens seit der Coronapandemie verstärkt als Organisationsstätte von Hasskampagnen und Lieblingsapp der »Querdenker«-Szene auf. Doch gleichzeitig geizt das Unternehmen mit Auskünften, sodass es für Ermittler schwierig ist, die Urheber solcher Hassposts zu ermitteln. Nun hat das Bundesamt für Justiz am Montag zwei Bußgeldbescheide gegen den Messengerdienst erlassen. Die Summe der beiden Bescheide beläuft sich auf 5,125 Millionen Euro. Grund für die geforderte Zahlung sind Verstöße des Unternehmens gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dieses Gesetz regelt für Social-Media-Plattformen wie Telegram den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten: Unter anderem müssen Betreiber ihren Nutzern einen bestimmten Weg ermöglichen, strafbare Inhalte zu melden und diese Beschwerden auch verwalten. Das Bundesamt wirft Telegram vor, in den Jahren 2020 und 2021 keine gesetzeskonformen Meldewege eingerichtet zu haben, weshalb es ein Bußgeld von 4,25 Millionen Euro verhängt.

Außerdem müssen Plattformanbieter nach dem NetzDG einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten ernennen. Das muss eine Person oder Einrichtung mit deutscher Adresse sein, die den Behörden als Postanschrift dient. Auch dieser Vorschrift ist Telegram nicht nachgekommen. Die verhängte Strafe beläuft sich auf 875.000 Euro. Nach SPIEGEL-Informationen hat Telegram auch weiterhin keinen Zustellungsbevollmächtigten im Inland benannt.

Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte: »Die Anbieter von Messengerdiensten und sozialen Netzwerken tragen eine besondere Verantwortung, gegen Hetze und Gewaltaufrufe auf den Plattformen vorzugehen.« Dazu gehöre die Pflicht, Systeme zu schaffen, damit Nutzer strafbare Inhalte melden könnten. Außerdem müssten sie in Deutschland für einen Zustellungsbevollmächtigten sorgen. »Diesen gesetzlichen Vorgaben und dieser Verantwortung kann man sich nicht durch den Versuch der Nichterreichbarkeit entziehen«, betonte der FDP-Politiker.

Seit April 2021 hatte das Bundesamt für Justiz mehrfach erfolglos versucht, Telegram per Post Anhörungsschreiben am Firmensitz in Dubai zuzustellen. »Trotz Unterstützung durch die zuständigen Behörden in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Wege der internationalen Rechtshilfe ist das nicht gelungen«, heißt es von der Behörde.

Auch bei Recherchen des SPIEGEL im Jahr 2021 war am Firmensitz in Dubai niemand anzutreffen. Fast ein Jahr später ging das Bundesamt deshalb einen ungewöhnlichen Weg und veröffentlichte eine Kurzversion der Anhörungsschreiben im Bundesanzeiger, woraufhin sich eine deutsche Anwaltskanzlei in Vertretung von Telegram bei der Behörde meldete und die Schreiben in Bonn vollständig einsah. Die Kanzlei habe die Vorwürfe jedoch nicht innerhalb einer einmonatigen Frist entkräften können, so das Bundesamt für Justiz. Am 10. Oktober 2022 erhielt die Kanzlei daher die Bußgeldbescheide für Telegram postalisch und per Fax.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig, da Telegram dagegen Einspruch einlegen kann.

Anmerkung der Redaktion: Die Bescheide an Telegram wurden nicht nur per Fax, sondern auch postalisch zugestellt.

cjw/dpa

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