Verfassungsbeschwerde gegen "Elena" Datenschützer starten Angriff auf riesigen Sozialdaten-Speicher
"Weniger Bürokratie, mehr Effizienz", das verspricht der elektronische Entgeltnachweis "Elena". Seit Anfang des Jahres müssen Arbeitgeber einmal im Monat die Daten ihrer Gehaltsabteilungen mit einer staatlichen Datenbank abgleichen. Krankheitstage, Fehlzeiten, Lohn, Arbeitstage, Kinderfreibeträge, Steuernummer, Wohnort, Geburtsdatum - alles fließt in eine riesige Datei.
Dagegen wollen Bürgerrechts- und Datenschutzaktivisten vom FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) und vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde einlegen. Sie halten die Sammlung der hochsensiblen Daten für rechtswidrig. Dabei stützen sie sich auch auf das gerade ergangene Urteil zur Vorratsdatenspeicherung, in dem die Richter der staatlichen Speicherung Schranken auferlegt haben. Nun sind die "Elena"-Gegner zuversichtlich, dass die Richter auch die Datensammlung Elena kippen.
Weil das Gesetz vor einem Jahr beschlossen wurde und eine Verfassungsbeschwerde binnen Jahresfrist eingereicht werden muss, machen die "Elena"-Gegner jetzt Tempo. Ende März muss der Schriftsatz in Karlsruhe sein, noch bis zum 25. März sammelt der FoeBuD Unterstützer für eine Sammelbeschwerde .
Mega-Vorratsdatenspeicherung ohne Beispiel
Das Bundesverfassungsgericht habe schließlich die Vorratsdatenspeicherung nicht nur vorläufig ausgesetzt, sondern auch eine Auflage gemacht: Wenn der Staat schon Kommunikationsdaten sammelt, darf er in anderen Bereichen nicht ähnlich weitreichende Sammlungen anlegen. Der Staat soll sich gefälligst beim Datenfischen zurückhalten. "Elena" aber ist eine beispiellose Sammlung und Vernetzung von Daten aller Arbeitnehmer.
Die zentrale Speicherstelle in Würzburg (ZSS) wird schließlich rund 40 Millionen Beschäftigte überwachen. Ausgenommen davon ist niemand, auch hochbezahlte Beamte nicht, die aller Wahrscheinlichkeit nach niemals Wohngeld beantragen werden. Mit dieser umfassenden Datensammlung sollen dann die Arbeitsagenturen ab 2012 per Mausklick prüfen können, ob ein Antragsteller tatsächlich ein Recht auf staatliche Unterstützung hat.
Erst nach Protesten von Gewerkschaften und Datenschützern wurde von dem Plan Abstand genommen, auch betriebliche Abmahnungen oder die Zugehörigkeit zum Betriebsrat zu erfassen. Die Arbeitgeber können aber laut Plan immer noch "sonstige" Informationen in eine Maske eintragen und beispielsweise den Grund für eine Kündigung nennen - oder ob ihr Angestellter schon mal bei einem Streik mitgemacht hat.
Polizei und Finanzamt sind noch außen vor
Die Daten werden - immerhin - verschlüsselt aufbewahrt. Der Zugriff soll nur mit dem Einverständnis des Elena-Teilnehmers möglich sein. Dazu muss sowohl ein Mitarbeiter in einer Abfragestelle, also zunächst einer Arbeitsagentur, einen Schlüssel eingeben, als auch derjenige, um dessen Daten es geht. So soll ein Missbrauch ausgeschlossen werden.
Datenschützer finden das trotzdem bedenklich. "Was ist, wenn ein Arbeitgeber falsche Informationen einträgt, zum Beispiel über einen Kündigungsgrund? Solange das vor einem Arbeitsgericht nicht geklärt ist, und das kann schonmal zwei Jahre dauern, stehen da dann falsche Angaben", fürchtet Rena Tangens vom FoeBuD. Noch dramatischer sei aber, was mit Elena künftig noch alles möglich sein soll.
Denn mit der Zeit kommen weitere Einsatzfelder des Datenpools hinzu. Ab 2015 sollen auch Kranken- und Pflegekassen, Renten- und Unfallversicherung, Sozialämter und Studentenwerke die Daten nutzen können. Polizei und Finanzamt sind noch nicht zugangsberechtigt - ein einfaches Gesetz kann das aber, wenn die Daten erst einmal versammelt sind und Begehrlichkeiten wecken, schnell ändern.