Wechselkurse in der Krise Netzwährung Bitcoin steigt auf Rekordhoch

Die virtuelle Währung Bitcoin hat ein neues Allzeithoch erreicht, sie stand am Mittwoch bei 85 Dollar. Binnen zwei Wochen hat sich der Kurs verdoppelt, noch im vorigen Jahr lag er bei nur zehn Dollar. Ein findiger Unternehmer will nun im Krisenland Zypern einen Bitcoin-Geldautomaten aufstellen.
Bitcoin-Illustration: Virtuelle Währung auf Allzeithoch

Bitcoin-Illustration: Virtuelle Währung auf Allzeithoch

Hamburg - Es gibt keine Zentralbank und keine Währungshüter: Die virtuelle Währung Bitcoin existiert ohne staatliche Kontrolle, Finanzminister können nicht eingreifen - in der Währungskrise gilt das offenbar als Pluspunkt. Das vergangene Jahr über stand der Wechselkurs bei rund zehn Dollar und stieg nur langsam. Im Februar lag er dann schon bei 20 Dollar, und innerhalb der vergangenen zwei Wochen hat sich der Kurs auf rund 85 Dollar mehr als verdoppelt.

Damit sind derzeit Bitcoins im Gegenwert von mehr als 930 Millionen Dollar im Umlauf , rund 762 Millionen Euro. Aus einer technischen Spielerei ist ein großes Geschäft geworden, das nun offenbar Glücksritter anzieht. Manche Geeks, die zum Start der Währung 2009 eingestiegen sind und Bitcoins für wenige Dollar gekauft haben, hat die virtuelle Währung wohl reich gemacht.

Die ersten Marktteilnehmer haben allerdings auch schon einen Kollaps erlebt: Nach einem ersten Währungshoch im Sommer 2011 - eine Bitcoin kostete rund 30 Dollar -, sackte die Währung nach Hackerangriffen und Datendiebstahl auf Bitcoin-Dienstleister auf Centstärke ab. Wegen mangelnder Stabilität geriet die virtuelle Währung schon damals in die Kritik. Als Schwachstelle erwiesen sich aber vor allem Online-Börsen, die Hackerangriffen zum Opfer fielen und die Bitcoin-Einlagen ihrer Kunden verloren.

Bitcoin-Geldautomat in Zypern

Ob der aktuelle Rekordkurs direkt mit der Finanzkrise zusammenhängt oder nur Geschäftemacher ein bisschen Spielgeld verzocken, ist unklar. In von der Finanzkrise betroffenen Ländern wie Spanien gibt es allerdings eine erhöhte Nachfrage  nach Smartphone-Apps, die Bitcoin-Wechselkurse anzeigen. Auch im iTunes Store für Zypern sprangen diverse Bitcoin-Apps im März auf höhere Rangplätze. Diese Apps bieten Zugriff auf Bitcoin-Marktdaten. Sehr aussagekräftig sind diese Zahlen allerdings nicht - die Stichproben sind sehr klein .

Der Softwarentwickler Andreas Schildbach, der selbst eine Bitcoin-App für Android-Telefone anbietet, stellt in den letzten Monaten ein stark gewachsenes Interesse fest: Seit Mitte März hätten sich die Downloadraten seines "Bitcoin Wallet" etwa verdreifacht, sagt Schildbach. Länderspezifische Effekte kann er aber nicht erkennen: Nach wie vor kommt der überwiegende Teil der Download-Anfragen aus den USA, dahinter folgen Großbritannien, Kanada und Deutschland. Zypern weist Google gar nicht erst aus, aus Russland kommen unter zwei Prozent der Downloads. Das kräftige Anziehen der Bitcoin-Kurse auf den aktuellen Höchststand hat zudem bereits im Januar begonnen - lange bevor die Zypern-Krise eine breite Öffentlichkeit erreichte.

In Zypern, wo die Bürger im Zuge der Finanzkrise Teile ihrer Spareinlagen verlieren könnten, will ein Unternehmer nun jedenfalls einen ersten Bitcoin-Geldautomaten aufstellen . An diesen sollen Nutzer Bitcoins senden und Euro-Noten ausgezahlt bekommen, auch die Einzahlung von Euro-Scheinen soll möglich sein. Jeff Berwick will ein Franchisegeschäft aufbauen - der erste Automat in Zypern wäre eine willkommene Werbung.

Bitcoin-Kurs der letzten drei Monate: Steiler Anstieg

Bitcoin-Kurs der letzten drei Monate: Steiler Anstieg

Foto: bitcoin charts, CC-Lizenz BY-SA

Das Tauschen von Bitcoins in eine andere Währung ist bisher nötig, weil sich mit Bitcoins nur wenig kaufen lässt - von ein paar Online-Händlern, am berühmtesten ist ein Online-Drogenmarkt, und einzelnen Geschäften wie einer Berliner Burgerbar abgesehen. Hier setzt auch die staatliche Regulierung an: In den USA hat das Finanzministerium gerade Auflagen für Bitcoin-Wechseldienste erlassen.

Die Tauschstellen sollen Buch darüber führen , wer welche Summen tauscht, damit Geldwäsche bekämpft werden kann. Größere Tauschgeschäfte müssen außerdem den Behörden angezeigt werden. Damit wäre das Bitcoin-Geschäft zumindest in den USA ähnlich reguliert wie Western Union oder andere virtuelle Währungen wie Amazon Coins - für Fans der Währung ist die Regulierung so etwas wie ein Ritterschlag.

Betrugskontrolle durch das Netzwerk

Die von einer rätselhaften Person namens Satoshi Nakamoto entwickelte Währung basiert auf einem Peer-to-Peer-Netzwerk. Wer an dem Netzwerk teilnimmt und Rechenzeit zur Verfügung stellt, kann quasi als Belohnung selbst neue Bitcoins generieren. Die Menge der Bitcoins, die berechnet werden können, ist allerdings begrenzt. Je länger die Währung existiert, desto länger dauert die Berechnung einer neuen Bitcoin.

Mit der Verbreitung und Akzeptanz der Währung, so die Idee, haben die Marktteilnehmer später auch ohne den steten Zufluss neuer Bitcoins ein Interesse daran, das System am Laufen zu halten. Die Rechenleistung der am Netzwerk beteiligten Computer dient der Betrugskontrolle: Wer mitrechnet, hilft dabei, alle getätigten Bitcoin-Transaktionen zu verifizieren.

Während die USA mit der Regulierung anfangen und eine der größten Handelsplattformen, Mt. Gox, ganz offiziell in Japan registriert ist, haben sich andere Bitcoin-Dienstleister ganz bewusst für andere Standorte entschieden: für Länder, in denen die staatliche Aufsicht bisher weniger Interesse gezeigt hat.

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