Adress-Verkauf Datenschützer rebellieren gegen neues Meldegesetz

Der Bundestag hat die Reform des Meldegesetzes beschlossen, die Ämter sollen Daten an Adresshändler und Werbefirmen verkaufen dürfen. Laut "Süddeutscher Zeitung" laufen nun SPD und Datenschützer Sturm gegen die neue Regelung - und sprechen von "gesetzlichem Wahnsinn".
Landesbetrieb Daten und Information in Mainz: Vernetzung der Verwaltung

Landesbetrieb Daten und Information in Mainz: Vernetzung der Verwaltung

Foto: dapd

München - Eigentlich war es anders geplant. Das neue Bundesmeldegesetz sollte eine sogenannte Einwilligungslösung enthalten - in der verabschiedeten Gesetzesfassung ist daraus nun eine Widerspruchslösung geworden. Künftig dürfen also Daten aus den Melderegistern nur dann nicht herausgegeben werden, wenn der Einzelne ausdrücklich widersprochen hat.

Davon ausgenommen sind allerdings Daten, die eine Firma bereits hat - beispielsweise durch die Teilnahme an einem Gewinnspiel. Dann zählt der Widerspruch nichts. Zu den Daten, die weitergegeben werden dürfen, gehören Familienname, Vorname, Doktorgrad, derzeitige Anschriften. Das neue Meldegesetz wurde in der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedet.

"Den Datenschutz für Wirtschaftsinteressen geopfert"

Laut der "Süddeutschen Zeitung" kritisieren SPD und Datenschützer die Regelung nun heftig. Es sei "gesetzlicher Wahnsinn", sagte Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein. Das neue Recht ermögliche "den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten in großem Stil".

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri bezeichnete den vorgesehenen Zugriff der Privatwirtschaft auf staatliche Daten als "unsäglich". Er forderte die Staatsregierung in München auf, die neue Vorschrift im Bundesrat zu stoppen. Auch die SPD will die Reform verhindern. "Das staatliche Melderegister ist kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der Wirtschaft", sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Ein solcher Verkauf von staatlichen Daten sei nicht akzeptabel.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles schrieb auf "abgeordnetenwatch.de ", die Regelung sei "in letzter Minute" von Union und FDP eingebracht  worden. Die Regierungskoalition habe "mit diesem Gesetz den Datenschutz für Wirtschaftsinteressen geopfert". SPD, Grüne und Linke hatten geschlossen gegen das Gesetz gestimmt.

Die Kritik entzündete sich an Paragraf 44 des neuen Bundesmeldegesetzes, das nach der Föderalismusreform die bisherigen Landes- und Bundesregelungen zusammenfasst. Wenn der Bundesrat zustimmt, kann das Gesetz 2014 in Kraft treten.

han/dapd

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