Zensur-Streit Google steht vor Rückzug in China

China gibt sich hart und will für Google keine Ausnahmen machen bei seinen Zensurforderungen. Nun steht das Unternehmen einer Zeitung zufolge kurz vor dem Rückzug aus der Volksrepublik.
Google-Zentrale in Peking: China will keine Ausnahme machen

Google-Zentrale in Peking: China will keine Ausnahme machen

Foto: LIU JIN/ AFP

Google

London - Endgültig ist die Entscheidung noch nicht. Aber es sei zu "99,9 Prozent" sicher, dass die Schließung seiner chinesischen Suchmaschine vorantreiben werde, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf informierte Personen.

Die Regierung in Peking hatte am Freitag mit Nachdruck betont, dass sie für Google keine Ausnahme von der Vorschrift machen werde, die Suchergebnisse politisch zu zensieren. Google hatte vor zwei Monaten von massiven Hacker-Attacken aus China berichtet und angekündigt, sich nicht mehr der Zensurforderung Pekings beugen zu wollen. Dafür werde man notfalls auch das Geschäft in China aufgeben, hatte es damals geheißen. Seitdem war intensiv darüber verhandelt worden, zu welchen Bedingungen Google seine chinesische Suchmaschine weiterbetreiben darf. Laut "Financial Times" stecken die Gespräche in einer Sackgasse, und das oberste Google- Management sei fest entschlossen, die Zensur aufzugeben.

Auch bei einer Rückzugsentscheidung werde Google sich allerdings Zeit nehmen, sie umzusetzen, schränkte die Zeitung ein. Der US-Konzern wolle zudem andere Geschäftsbereiche wie ein Forschungszentrum in Peking erhalten - befürchte aber, dass eine harte Haltung der chinesischen Behörden dies unmöglich machen könnte.

Microsoft wäre lachender Dritter

Ein Sprecher von Google erklärte auf SPIEGEL ONLINE zu dem Bericht: Google habe "sehr deutlich gemacht", dass man sich bei den Suchergebnissen nicht mehr selbst zensieren wolle. Die aktuellen "aktiven Diskussionen" mit der chinesischen Regierung wolle er jedoch nicht kommentieren.

Über Google laufen rund 35 Prozent aller Suchanfragen des mit 384 Millionen Internetnutzern weltweit größten Marktes. Der einheimische Rivale Baidu hält etwa 60 Prozent.

Chinas Minister für Industrie und Informationstechnologie, Li Yizhong, hatte am Freitag betont, Google werde "die Konsequenzen tragen müssen", wenn der Konzern seine lokale Suchmaschine nicht mehr zensiert. Der US-Konzern verstoße dann gegen chinesische Gesetze. Das wäre "unverantwortlich und unfreundlich".

Lachender Dritter in dem Streit ist Microsoft. Auf seinen neuen Smartphones für China will der amerikanische Handy-Hersteller Motorola Bing verwenden, die Suchmaschine des Google-Rivalen. Motorola dürfte damit den Ratschlägen von Analysten folgen, sich nach Alternativen umzusehen - falls Google sich tatsächlich aus China zurückzieht, schrieb das "Wall Street Journal". Die Geräte sollen noch in diesem Quartal auf den Markt kommen.

ase/dpa
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