Angefasst Comeback für Commodore
Mit Commodore Gaming betritt ein neuer Hersteller mit einem alten Namen den Markt für Highend-PCs. Dass man voll auf den Klang der Marke Commodore setzt, zeigt sich auf den ersten Blick: In der Seitenwand klafft eine riesige Lüftungsöffnung in Form des Commodore-Logos, das Netzteil trägt ein Commodore-Muster und sogar auf der Innenseite der Frontklappe steht riesengroß ein Commodore-Schriftzug.
Ohnehin ist das Design ausgesprochen gewöhnungsbedürftig - zumindest bei unserem Testgerät. Das war komplett mit Airbrush-Malereien im Stil der "Alien"-Filme lackiert. Im Webshop kann man sich allerdings aus einem reichhaltigen Fundus unterschiedlichster Stile - insgesamt stehen über 100 zur Auswahl - bedienen. Wer mag, kann sich den Windows-PC sogar im Brotkasten-Beige des C64 lackieren lassen. Wer's gar nicht mag, kann auf die Lackierung verzichten, bekommt den Rechner dafür in schlichtem Schwarz - und rund 150 Euro billiger.
Vollausstattung zum Voll-Preis
Dass die Käufer dieses Rechners ein solches Angebot annehmen werden, ist allerdings unwahrscheinlich. Schließlich muss man für einen Rechner aus der von uns getesteten "XX"-Baureihe rund 4000 Euro anlegen. Unser Testgerät haben wir etwas bescheidener ausgestattet, so dass wir auf einen Endpreis von knapp unter 3800 Euro kommen.
Das ist reichlich Holz, aber dafür wird auch einiges geboten. So dient als Herz des Rechners einer der schnellsten aktuellen Vierkern-Prozessoren, Intels Core 2 Extreme QX6800 mit 2,93 Gigahertz Taktfrequenz. Der Arbeitsspeicher ist mit zwei Gigabyte ausreichend bemessen. Als Massenspeicher dienen zwei zu einem schnellen Verbund (Raid) zusammen geschaltete 500 Gigabyte-Festplatten. Eine dritte Platte mit 250 Gigabyte wurde zusätzlich eingebaut.
Grafikleistung ohne Ende
Für Gamer besonders wichtig: die Grafikkarte. Und die ist im Commodore ebenfalls als Doppelpack enthalten. Zwei Modelle mit Nvidias Oberklasse-Chipsatz 8800GTX schaufeln die Pixel gemeinsam auf Monitore nahezu beliebiger Größe. Selbst riesige 30-Zoll-Modelle mit einer Auflösung von 2560 x 1600 Bildpunkte können spielend angesteuert werden. Speicherplatzprobleme dürften dabei kaum auftreten, schließlich bieten allein die Grafikkarten 1,5 Gigabyte Raum für Daten.
Benchmark-Programme, welche die Leistung von Computern nach standardisierten Methoden messen, bestätigen, dass diese Kombination für reichlich Schwung sorgt. Besonders beeindruckend verlief der "3DMark 06", ein Test der die Grafikleistung eines PCs anhand realistischer Spielsituationen überprüft. Dessen Messergebnisse ordneten den Commodore-PC eindeutig in der Oberklasse aktueller Gaming-Computer ein.
Herumhängende Kabel
Bis es so weit war, dass die Benchmark-Programme überhaupt auf dem Rechner liefen, verging einige Zeit. Die ersten zaghaften Versuche, den Commodore zum Laufen zu bringen, quittierte jener nur mit einem sauren Aufjaulen der Lüfter, auf dem Bildschirm erschien lediglich eine Fehlermeldung, die auf ein fehlendes Startmedium hinwies.
Bei der Untersuchung des dicht gedrängten, mit Hardware vollgepackten Innenraums zeigte sich, dass der Stecker einer der Festplatten lose im Gehäuse hin- und herschwang. Ob dieser Defekt bereits ab Werk bestand oder erst durch den Transport ausgelöst wurde, war nicht zu klären. Klar ist jedoch, dass alle Steckverbindungen so stabil sein sollten, dass sie den Transport per Paketversender schadlos überstehen sollten.
Blockierte Lüfter
Als nächstes war das Betriebssystem zu installieren. Die vom Hersteller gelieferte und handbeschriftete Wiederherstellungs-DVD macht zwar nicht den professionellsten Eindruck, funktioniert aber problemlos. Ein Microsoft-Aufkleber auf dem Gehäuse versichert, dass es sich bei dem aufgespielten Windows Vista Ultimate um ein Original handelt. Lästig war jedoch die zweite gelieferte DVD, welche Treiberprogramme und Software-Updates enthielt.
Hier musste jedes Programmpaket einzeln installiert werden. Bei allein weit mehr als 20 Windows-Updates lässt man davon lieber die Finger, besorgt sich fehlende Treiber aus dem Web und wartet, bis die Windows-Update-Funktion das Betriebssystem auf den neuesten Stand gebracht hat.
Erste Geräuschmessungen am Gerät zeigten einen Lärmpegel, der noch tolerierbar war. Nervig war allerdings ein laut surrendes Geräusch, als dessen Quelle die Grafikarten auszumachen waren. Deren Kühlkörper waren von einer Schutzfolie überzogen. Die hatte sich bei einem der Geräte teilweise gelöst und im Lüfter der Grafikkarte verheddert. Wäre er unentdeckt geblieben, hätte dieser Fehler auf Dauer dazu führen können, dass sich der Kunststoff ganz im Lüfter verhakt und dessen Propeller zum Stillstand bringt. Einen derart ungekühlten Grafikprozessor hätte binnen weniger Sekunden der Tod ereilen und die Grafikkarte zerstören können.
Ein PC zum Spielen, nicht zum Arbeiten
Nachdem die Folien vollständig entfernt waren, zeigte sich der Commodore von seiner besten Seite. Das Gespann aus einem riesigen Lüfter in der Seite des Geräts, kombiniert mit mehreren leisen Gehäuselüftern sowie einem Heatpipe-System, dass die Hitze vom Prozessor ableitet, sorgte für einen vergleichsweise niedrigen Lärmpegel. Um daran den ganzen Tag Excel-Tabellen zu bearbeiten oder Word-Texte zu schreiben, war der zwar auch noch zu hoch, bei Computerspielen dürfte er aber kaum stören.
Ob das allerdings bei allen Commodore-PCs so ist, darf zumindest in Frage gestellt werden. In Webforen finden sich etliche Einträge von Commodore-Käufern, die zwar die Leistung ihres PCs loben, denselben aber als extrem laut schildern.
Nicht billig, aber seinen Preis wert
Verglichen mit Massenmarktanbietern wie Dell, Medion oder HP, die in Millionen-Stückzahlen rechnen, setzen Firmen wie Commodore Gaming nur bescheidene Mengen um. Mehr als ein paar hundert Rechner pro Monat sind bei Preisen um 4000 Euro kaum abzusetzen.
Dabei sind die Preise, die Commodore Gaming verlangt, nicht einmal hoch gegriffen. SPIEGEL ONLINE hat nachgerechnet. Grob kalkuliert würden die Komponenten des getesteten PC im Einzelkauf sogar ein paar Euro mehr kosten als der PC im Webshop kostet. Und dafür bekommt man vom Hersteller neben dem komplett zusammengebauten Gerät auch noch eine Zweijahres-Garantie. So ist der Rechner zwar nicht billig, aber immerhin doch seinen Preis wert - wenn man ihn sich leisten kann.