Billig-Kopie Die Mac-Klon-Macher legen nach

Zittert der Hersteller des Billig-Macs aus Angst vor Apples Rechtsabteilung? Keineswegs. Statt vor der Übermacht einzuknicken legt er ein weiteres Modell nach und besteht auf der Rechtmäßigkeit seines Angebots. Apple schweigt dazu - vielleicht aus guten Grund.

Mit der Ankündigung eines Mac-kompatiblen PCs zum Kampfpreis von 400 Dollar hat die US-Firma Psystar reichlich Staub aufgewirbelt-Klons. So etwas hat es bisher nicht gegeben: Ein winzigkleines, vollkommen unbekanntes Unternehmen fordert den Branchenriesen Apple heraus. Vor allem die Namensgebung, "OpenMac" sollte das Gerät heißen, war eine offene Provokation in Richtung Apple-Hauptquartier. Schon wurde ein schnelles Ende der Firma befürchtet. Doch die PC-Bauer von der US-Ostküste stehen unverdrossen zu ihrer Idee, lassen sich von der drohenden Übermacht aus Cupertino nicht beeindrucken.

Im Gegenteil: Statt das Angebot angesichts des drohenden Rechtsstreits zurückzunehmen, erweitert die Firma ihr Sortiment, bietet jetzt auch eine Highend-Version ihres Mac-Klons an. Der heißt OpenPro , kommt wahlweise im verspiegelten Gehäuse, mit Vierkern-CPU und Highspeed-Grafikkarte zu Preisen zwischen 1000 und 2200 Dollar. Psystars einziges Eingeständnis an die Rechtsanwälte ist, dass der ursprünglich als OpenMac beworbene Billig-Rechner flugs in "Open Computer" umgetauft wurde. So wurde der Apple-Rechtsabteilung zumindest der offensichtlichste Angriffspunkt genommen.

"Wir brechen keine Gesetze"

Dieser Schritt zeigt aber auch, mit welcher Ahnungslosigkeit Chef und Mitarbeiter von Psystar sich auf das Abenteuer Apple-Klon eingelassen haben. So war es dort offensichtlich niemandem bewusst, welche Medienreaktion ihr Angebot auslösen würde. Wenige Stunden, nachdem der ursprüngliche OpenMac im Psystar-Onlineshop auftauchte, brach der Server unter dem Ansturm der Neugierigen zusammen. Anfragen an das Unternehmen laufen regelmäßig ins Leere, Telefonanrufe werden nicht beantwortet, E-Mails ebenso wenig.

Erreicht man doch jemanden, drüben in Miami wo die Firma ansässig ist, bekommt man erstaunliche Auskünfte. Die " Information Week " etwa bekam einen Mitarbeiter ans Telefon der sich nur als "Robert" bezeichnete, keinen Nachnamen nennen wollte. Dieser Robert sieht sich mit dem Mac-Klon offenbar auf einer Mission für eine bessere Welt, wettert gegen das Apple-Monopol, wirft dem Hersteller vor, seine Hardware um 80 Prozent überteuert zu verkaufen. Vor allem aber glaubt er, der Mac-Erfinder habe kein Recht den Verkauf von Nachbauten zu verbieten. "Was wäre denn, wenn Microsoft darauf bestehen würde, dass man Windows nur auf Dell-PCs installieren darf?" fragt Robert. Selbstbewusst gibt er Apple in einem Rechtsstreit keine Chance: "Wir brechen keine Gesetze".

Schon sieben Tage Lieferzeit

Dass Robert diese Äußerungen mit seinem Chef, Rudy Pedraza, abgesprochen hat, darf bezweifelt werden. Der nämlich ist gegenüber ars technica  bedeutend schweigsamer. Sein Anwalt habe ihm geraten vorerst lieber keine Kommentare abzugeben, gibt er zu Protokoll. Immerhin vermeldet er stolz, dass die Server wieder laufen und eifrig Bestellungen aufnehmen. Bereits nach den ersten 20 Stunden Online-Verkauf des Mac-Klons musste die Lieferzeit auf sieben Tage hoch gesetzt werden.

Befürchtungen, Apple könnte diesem Treiben auf die Schnelle Einhalt gebieten scheinen unbegründet. Bislang hüllt sich das Unternehmen in den üblichen Schleier eisernen Schweigens. Kein Kommentar, kein Statement, keine Meinungsäußerung dringt aus dem Hauptquartier in Cupertino nach außen. Doch dass dort längst die Köpfe rauchen und die Rechtsabteilung nach einem Weg sucht, Psystar zu stoppen, steht außer Frage. Schließlich hatte Apple-Chef Steve Jobs höchstpersönlich das Klon-Lizenzprogramm der neunziger Jahre gestoppt, sein Vize Phil Schiller noch vor wenigen Jahren jeglichen Hoffnungen auf billige Mac-Kopien eine deutliche Absage erteilt.

Das Katz-und-Maus-Spiel beginnt

Doch für Apple könnte es offenbar schwierig werden, einen erfolgversprechenden Weg zu finden, dem Open Computer auf dem Rechtsweg den Garaus zu machen. Das legen Einschätzungen von Patentrechtsexperten nahe, die das Online-Magazin " Wired " befragt hat. Deren Meinung: Mit dem Verstoß gegen Apples Lizenzbestimmungen begeht Psystar schlimmstenfalls Vertragsbruch, verglichen mit Patenrechtsverletzungen sei das fast eine Lappalie.

Wahrscheinlich, so Patentrechtler Raj Abhyanker, könnte Apple nur einen geringen Schadenersatz in Höhe des Preise der von Psystar auf den Mac-Klons installierten Mac OS X-Kopien verlangen. Allerdings würde hier nicht der Ladenpreis, sondern der sogenannte OEM-Preis gelten, also der Preis den PC-Hersteller für ein Betriebssystem zahlen. Der liegt üblicherweise bei wenigen Dollar. Apple jedoch hat solche Preise gar nicht auf der Liste, weshalb der OEM-Wert von Mac OS X wohl vom Gericht festgelegt werden müsste.

Als einzigen halbwegs Erfolg versprechenden Ausweg für Apple sieht Abhyanker technische Veränderungen am Mac-Betriebssystem. Denn, dass Psystar das Mac OS X überhaupt auf Standard-PCs installieren kann, ist dem OSX86 Project  geschuldet, dass einen Weg gefunden hat, die dem Mac-Betriebssystem zugrunde liegende sogenannten Firmware auf dem PC nachzubilden. Apple könnte nun also beim nächsten Update das Zusammenspiel von Firmware und Betriebssystem verändern und so verhindern, dass künftige Mac OS X-Versionen auf Psystars PCs laufen.

Zweifel bleiben angebracht

Erfahrungsgemäß aber greifen solche Maßnahmen nur kurzzeitig, nämlich bis die Hacker einen Weg gefunden haben die neuen Hürden zu umgehen. Das besten Beispiel dafür, wie aussichtslos es ist solche Versuche zu unterbinden liefert Apple selbst - mit dem iPhone.

Vielleicht aber wird es garnicht soweit kommen. Denn, auch wenn sich unter den im Web von Psystar angegebenen Telefonummern von Zeit zu Zeit tatsächlich jemand meldet, scheint die Firma, wenn überhaupt, nur ein klitzekleiner Laden zu sein. Charles Arthur vom " Guardian " hat sich die Mühe gemacht, der Reputation des Unternehmen auf den Grund zu gehen. Sein Ergebnis: es gibt keine. Zwar ist die Webseite der Firma seit acht Jahren registriert, bei Google und Co. finden sich aber bis vor wenigen Tagen kaum Hinweise auf deren Existenz. Selbst der örtlichen Handelskammer ist das Unternehmen fremd.

Am meisten irritiert jedoch, dass die Firma kurzfristig umgezogen zu sein scheint. So war zur Kontaktaufnahme bis gestern früh noch eine Privatadresse in einem Wohnviertel von South Miami angegeben. Später dann residierte Psystar plötzlich in einem Industriegebiet in West Miami - passt ja auch viel besser. Von dem Gedanken bei einem derart schnelllebigen Unternehmen einen Computer zu bestellen sollte man vorerst lieber Abstand nehmen.

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