Kauf-Gerüchte Warum Google in Spielen werben will

Medienberichten zufolge will Google einen Anbieter von Werbung in Computer- und Videospielen kaufen. Für die Suchmaschinisten könnte dies nach dem Einstieg ins Printgeschäft der nächste Coup werden - denn Game-Werbung gilt als gigantischer Wachstumsmarkt.

Anfang nächster Woche schon könnte es so weit sein, spekuliert das "Wall Street Journal": Google wolle Adscape kaufen, ein Unternehmen, das Werbung in Computer- und Videospielen schaltet. Der Bereich gilt als Wachstumsmarkt: Laut der "Business Week" wird mit Werbung in Spielen gegenwärtig etwa 100 Millionen Dollar im Jahr umgesetzt, bis Ende 2010 soll der Umsatz aber auf 500 Millionen gestiegen sein – die Yankee Group prognostiziert sogar über 700 Millionen Dollar.

Werbeplakat in "Counter-Strike" (zu Demonstrationszwecken, für ein fiktives Produkt): Google will angeblich auch mitspielen

Werbeplakat in "Counter-Strike" (zu Demonstrationszwecken, für ein fiktives Produkt): Google will angeblich auch mitspielen

Microsoft ist schon eingestiegen: Geschätzte 200 Millionen Dollar haben die Redmonder für Massive Inc. ausgegeben. Die "Business Week" zitiert für Adscape im Vergleich dazu einen Schnäppchenpreis: 25 Millionen Dollar. Dafür gäbe es ein bisschen Technologie und ein Team mit mehreren Branchen-Profis, die früher für Unternehmen wie Sony, Nintendo und Sega gearbeitet haben.

Für viele wäre der Kauf einen ein logischer Schritt – schließlich verdient Google sein Geld schon jetzt fast ausschließlich mit Werbung, die ihre Zielgruppen übers Netz erreicht. Bislang fehlte den Suchmaschinisten das Know-How für den Spiele-Markt – jetzt will man sich bei Google offenbar welches kaufen.

"Hardcore-Gamer waren einmal unsere Hauptzielgruppe"

Ed Bartlett vom Adscape-Konkurrenten IGA Worldwide weiß um die Bedeutung dieses Hintergrundwissens – er ist stolz darauf, früher selbst Spiele entwickelt zu haben. Er wisse, wie man mit Entwicklern reden müsse, er könne einschätzen, welche Kampagne sich für welches Spiel eignet. Vor dem Zorn der Community müsse man als Game-Werber heute übrigens keine Angst mehr haben, sagte Bartlett SPIEGEL ONLINE: "Manche betrachten Werbung als etwas Negatives, vor allem eine kleine Gruppe von Hardcore-Gamern. Die waren einmal unsere Haupt-Zielgruppe."

Seit dem Start der ersten Playstation habe sich die Zielgruppe für Videospiele aber dramatisch verändert – es gehe mit großen Schritten Richtung Mainstream. Microsoft arbeite in die gleiche Richtung – und Nintendos Wii ist sogar explizit darauf ausgerichtet, auch Oma und Mama an die Konsole zu locken. "Dinge wie EyeToy und Tanzmatten erschließen völlig neue Konsumentengruppen", sagt Bartlett, "und diese Menschen erwarten geradezu, in Spielen echte Werbung zu sehen."

Plattenwerbung in "Counter-Strike"

Genau diese Zielgruppe will auch Google vermutlich erreichen – Bartlett gibt aber zu Bedenken, dass man in diesem Geschäft sehr darauf achten muss, dass auch der Kontext zum Produkt passt: "Sie werden von uns aber keine Videobildschirme an Schloss-Wänden in einem Fantasy-Spiel sehen." Man müsse die Konsumenten auf die passende Weise erreichen, "nicht überall einfach einen Markennamen draufkleben".

Für Onlinespiele, die oft Fantasy-Inhalte haben und deshalb eher ungeeignet für Mobiltelefon-Werbung sind, gebe es aber zum Beispiel die Möglichkeit, Werbung in den virtuellen Eingangshallen oder am Rand von Menü-Bildschirmen zu schalten. In Südkorea sei man schon dabei, das zu tun. IGA verkauft inzwischen auch Plakate auch im in Verruf geratenen Taktik-Shooter "Counter-Strike".

Für die Werbetreibenden ist die ständig wachsende Spieler-Gemeinde eine wichtige Zielgruppe - denn gerade die Jüngeren sehen immer weniger fern, verlagern ihre Mediennutzungzeit ins Interaktive. Schon 2002 verbrachten einer Nielsen-Studie zufolge die 18-34-Jährigen männlichen US-Amerikaner ebensoviel Zeit mit Games wie mit Fernsehen.

Präzise Zielgruppenorientierung, regional abstufbar

Googles bisheriges Anzeigenmodell, der Verkauf sogenannter AdWords, ist für Bartlett rein gar nicht auf virtuelle Welten übertragbar. Kontextsensitive Anzeigen, die etwa passend zu einem Suchbegriff oder dem Inhalt einer Webseite eingeblendet werden, könne man nicht mit dem vergleichen, was in Spielen funktioniere: "Was nicht gut geht sind Dinge wie Anzeigenbanner, klickbare Werbung. Image-Kampagnen wie man sie mit Plakaten oder in Fernsehspots machen würde, strategische Kampagnen, sind viel besser für dieses Format geeignet."

Zu Onlinewerbung bestehe da ein himmelweiter Unterschied - denn da gehe es darum, möglichst direkt eine Transaktion herbeizuführen, den Nutzer aber zumindest auf eine Webseite zu locken. Und genau das wollen Spiele-Hersteller natürlich nicht: Dass sich ihre Kunden von Werbung so ablenken lassen, dass sie woanders hingehen.

Inzwischen ist Werbung in einem Spiel nicht mehr statisch, sie wird nicht auf eine Spiel-DVD gebrannt und mit ausgeliefert. Dadurch, dass die Spieleplattformen im Internet hängen, kann man gezielt dynamische Werbung schalten, unterteilt nach Regionen und Zielgruppe. Bartlett: "Das Spiel selbst muss dafür kein Onlinespiel sein – nur die Plattform muss eine Netz-Verbindung haben, dann können wir die Werbung jederzeit ändern."

Diese Voraussetzung erfüllen mittlerweile nicht nur PCs sondern auch Spielkonsolen. Sowohl bei Microsofts Xbox 360, bei Nintendos Wii und auch bei Sonys Playstation 3, die in Europa Ende März auf den Markt kommt, ist die Online-Anbindung integraler Bestandteil des Spielkonzeptes. Nicht nur für Interaktion mit anderen Spielern, sondern auch für Updates und Downloads, seien es Spiele, Filme oder Musikdateien. Google spielt in der Konsolenwelt bislang keine Rolle – das könnte sich mit dem möglichen Zukauf nun ändern.

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